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erstere nur das Institut der sogenannten unvordenklichen Ver-
jährung für zulässig auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts
ansieht, erklärt sich Bluntschli in wenig klarer Weise bald zu
Gunsten einer staatsrechtlichen Acquisitivverjährung, bald für
eine Exstinctivverjährung des dynastischen Rechts des deposse-
dirten Herrschers, bald für eine Heilung der Illegitimität in-
folge der Zeit unter Hinzutreten einer Anerkennung von
seiten des Volks, beziehentlich seiner Organe, und von seiten
des Auslandes; bald ignorirt er auch wieder das Erforderniß
des Zeitablaufs vollständig und nimmt die Legitimation der
Usurpation als vollendet an, wenn das Volk oder die Volks-
vertretung und die Gerichte und endlich die auswärtigen Mächte
dem illegitimen Herrscher ihre Anerkennung gewährt haben,
sodaß er selbst nicht würde leugnen dürfen, eine staatsrecht-
liche Verjährung sei möglich, welche in Wahrheit zu ihrer
Vollendung keiner längern Zeit bedürfe, als etwa der Ge-
schäftsgang zu der Gewährung der ständischen oder völkerrecht-
lichen Anerkennung erfordert. #
Wir möchten deshalb geneigt sein, die Lehre Bluntschli's
von der Heilung der Illegitimität an zwei andern Stellen
abzuhandeln, nämlich einmal bei Gelegenheit der Frage, ob
die Anerkennung des Auslandes wirklich eine die Illegitimität
heilende Kraft besitzen könne, und dann bei Beantwortung der
andern Frage, ob die Anerkennung des Usurpators von seiten
des Volks wirklich im Stande sei, diesem ein Recht auf die
Herrschaft zu geben, welche er dem alten, rechtmäßigen Herr-
scher gewaltsam, jedenfalls widerrechtlich entrissen. Aber da
Bluntschli selbst die Gesammheit aller derjenigen Handlungen,
welche die Usurpation legitimiren sollen, Verjährung nennt,
so wollen wir hier seine Lehre in dieser Hinsicht prüfen und
zunächst auch daran keinen Anstoß nehmen, daß er neuerdings