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die staatsrechtliche Verjährung, anscheinend durch das Gewicht
der von Brie!) gegen dieselbe geltend gemachten Gründe be-
stimmt, mit außerordentlich viel geringerer Sicherheit als früher
vertritt; denn immerhin sagt er sich von der Statthaftigkeit
des Verjährungsbegriffes, welcher „das allmähliche Wachs-
thum eines befestigten Rechtszustandes aus der Fortdauer der
thatsächlichen, von der Zeit geheiligten Zustände“ bedeute 2),
im Staats= und Völkerrecht nicht los und versucht eine Ret-
tung des Begriffes der staatlichen Verjährung weniger durch
eine Aenderung ihres Inhalts als durch die Warnung vor
allzu weit gehender Verbindung der staatsrechtlichen mit der
privatrechtlichen Verjährung.
Wir wenden uns zunächst der Beantwortung der Frage
zu, ob überhaupt die Statthaftigkeit einer staatsrechtlichen
Acquisitivverjährung der Legitimität, d. i. des Rechts auf die
Souveränetät, angenommen werden könne. Nun lehrt das
Prioatrecht, aus welchem überhaupt der Verjährungsbegriff
abstrahirt worden ist, daß keineswegs alle Rechtsverhälknisse
dem modificirenden, schöpferischen oder vernichtenden Einflusse
der Zeit unterliegen. Vielmehr ist die erwerbende Verjährung,
Ersitzung, nur bei Sachen und Servituten, nach einigen auch
bei Emphyteuse und Superficies zulässig und wandelt bei
einer eine bestimmte Frist hindurch fortgesetzten Ausübung des
Besitzes, beziehentlich des Inhalts der Servitut, den erstern in
wirkliches Eigenthum, den letztern in eine wirkliche, recht-
mäßige Dienstbarkeit um. ) Dagegen würde es „eine willkür-
1) In dessen mehrfach citirter Schrift: „Die Legitimation einer
usurpirten Staatsgewalt“, S. 33 fg.
2) Bluntschli, a. a. O., 4. Aufl., I, 22, Note 1.
* ) Arndts, Lehrbuch der Pandekten, 2. Aufl., §. 189. Savigny,
System, IV, 298.