253
bestimmte, die Staatsgewalt könne ebenso wie die einzelnen
Theile des staatlichen Organismus der Gegenstand einer er-
werbenden Verjährung für unberechtigte Usurpatoren, einer
Exstinctivverjährung für das Staatsoberhaupt sein.
Dann möge man auch nicht vergessen, daß eine Acquisi-
tivverjährung ohne Verjährungsfrist überhaupt nicht zu denken
ist. Daß Savigny bei der sogenannten unvordenklichen Ver-
jährung als der von ihm allein im Staatsrecht anerkannten
Wirkung des Ablaufs einer längern Zeit den Mangel einer
Verjährungsfrist nicht vermißt, ist vollständig mit dem Wesen
der Immemorialverjährung im Einklange. Denn außer in
England, wo man die unvordenkliche Verjährung durch die
Nothwendigkeit ihres Anfanges vor der Thronbesteigung
Richard's I. (1189) befristet hat 1), hält man überall an der
Erkenntniß fest, daß die Festsetzung eines Aufangs= und End-
termins der unvordenklichen Verjährung ein Widerspruch in
sich selbst oder die offene Lossagung von dem ganzen Institute ?)
sein würde: nur da ist unvordenkliche Verjährung vorhanden,
wo, soweit die nachweisbare Erinnerung der Menschen reicht,
ein anderer Zustand als der jetzige nicht bestanden hat. Der
Beweis, daß es vor 40 oder 80 Jahren anders, also erst
seit 40 oder 80 Jahren so wie jetzt gewesen, hebt den Cha-
rakter der Unvordenklichkeit auf. Dieser aber allein rechtfertigt
es, wenn der unvordenkliche Besitz eines Rechts als Recht
anerkannt wird, weil, sobald überhaupt eine Immemorialver=
jährung vorliegt, kein anderer besser Berechtigter vorhanden
sein kann. Wenn aber, wie bei der erwerbenden Verjährung,
ein besser Berechtigter als der Besitzer der fraglichen Sache
1) Stephen, a. a. O., I, 56, 57, 650. Phillimore, a. a. O., I, 269.
2) Savigny, a. a. O., IV, 512.