Full text: Das Legitimitätsprincip.

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existirt, so ist es schwer abzusehen, wie man der eine 
längere Zeit hindurch erfolgten unberechtigten Ausübung des 
Besitzes die exorbitante Wirkung einer Rechtserwerbung bei- 
legen könnte, wenn nicht das positive Landesrecht in fester, 
zweifelloser Bestimmung einen Zeitpunkt festsetzt, welcher die 
Thatsache in Recht, den Besitz in Eigenthum umwandelt. 
Aus eigenem Ermessen würde kein Richter im Stande sein, 
die Acquisitivverjährung als vollendet, das Recht des Eigen- 
thümers für vernichtet zu halten. Nur das geschriebene oder 
umgeschriebene Gesetz kann ihn zu einer derartigen gewisser- 
maßen rechtspolitischen, durch die Rücksicht auf den Rechtsfrieden 
dictirten Handlung autorifiren, welche, wie doch nicht zu leug- 
nen ist und wie auch Savigny nicht leugnet, dem strengen 
Rechte unzweideutig widerspricht. ) Bei der unvordenklichen 
Verjährung ist vdies ganz anders: hier liegt in dem Spruche 
des Richters nicht zugleich die Aberkennung oder Vernichtung 
des wirklichen Rechts eines Dritten, sondern vielmehr nur 
die Anerkennung des Umstandes, daß es einen besser Be- 
rechtigten wie den unvordenklichen Besitzer überhaupt nicht 
gebe und daß dieser deshalb, obgleich ohne nachweisbaren 
Rechtstitel, doch der Allein= oder Bestberechtigte sein müsse. ) 
Hier wird in den concreten, vorhandenen Rechtsverhält- 
nissen überhaupt nichts geändert, sondern nur etwas Unsicheres 
befestigt. Bei der Acquisitivverjährung dagegen wird regel- 
mäßig das Recht dem einen genommen und dem andern zu- 
gesprochen, also etwas in der Rechtsordnung so Anomales 
vorgenommen, daß keine Zeit lang genug sein würde und 
dürfte, um den Richter hierzu zu berechtigen, wenn nicht der 
1) VFgl. auch Zöpfl, a. a. O., I, 145, 146. 
:) Vgl. Held, a. a. O., I, 50.
	        
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