Full text: Das Legitimitätsprincip.

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ist es außerordentlich bedenklich, den Krieg, dessen Ausgang 
nicht von dem bessern Rechte, sondern von der größern Macht 
und Geschicklichkeit der Kriegführenden abhängig ist, vollständig 
mit einem Civil= oder Strafprocesse zu vergleichen; seine Ent- 
scheidung erfolgt nach vollkommen zufälligen Gründen, nicht 
auf Grund juristischer Erwägung des im Kriege geltend zu 
machenden Streitpunktes. Deshalb, weil Napoleon ein besserer 
Feldherr war, ihn für legitimer zu halten als die Bourbons, 
wird niemand einfallen. Und dennoch müßte dies die Folge 
davon sein, daß man den Krieg für ein völkerrechtliches Rechts- 
mittel erklärte, welches für den Fall eines Streits zwischen 
dem legitimen Herrscher und dem glücklichen Usurpator die 
Stelle einer Klage, eines Urtheils und einer Execution ver- 
träte. Ja, man müßte dann sogar noch weiter gehen und das 
Recht des legitimen Fürsten nach einem für diesen unglücklichen 
Feldzuge für ebenso vernichtet halten, wie es das Recht eines 
Privaten durch richterlichen Spruch sein würde. Daß dies 
absurd wäre, liegt klar auf der Hand, und daß die Wieder- 
holung des Kriegs, die Herbeiziehung mächtiger Allürter u. dal. 
nicht den Charakter weiterer Rechtsmittel an sich trägt, wird 
auch niemand behaupten wollen. Alles dies ist etwas rein 
Factisches, rechtlich Zufälliges, das dem einen Monarchen wol 
einmal geholfen hat, wenn ihn sein Volk oder ein Usurpator 
vertrieb, das aber einer ganzen Reihe legitimer Fürsten nach 
ihrer Vertreibung nicht zugute gekommen ist. 
Ist sonach der Krieg schon als ein äußerst unsicheres, 
den privatrechtlichen Rechtsmitteln nur ganz entfernt zu ver- 
gleichendes Rechtsmittel zu bezeichnen, und ist es deshalb un- 
zulässig, darin, daß auch der verdrängte legitime Herrscher 
den Usurpator mit Krieg überziehen und dadurch sein Recht 
geltend machen könne, einen Grund zur Aufrechthaltung der
	        
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