Full text: Das Legitimitätsprincip.

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tätsbedürftigen Volksgeistes, welcher selbst die illegitime Dy- 
nastie, sobald sie einmal lange Zeit thatsächlich herrscht, für 
ehrwürdig, makellos, also auch für legitim ansieht. Aber ein 
Beweis für die vollbrachte Immemorialverjährung kann in 
dieser Volksgesinnung nicht erblickt werden. 
Daß das Recht mancher Dyynastie auf unvordenklicher 
Verjährung geruht hat und nech ruht, haben wir schon zuge- 
geben. Das aber widerspricht unserer Ansicht von der Un- 
möglichkeit der Legitimation des Usurpators durch Immemo- 
rialverjährung keineswegs; denn der unvordenkliche Besitzer 
eines bestimmten Thrones ist eben der, aber auch nur der- 
jenige, welchem seit dem durch wissenschaftliche und besonders 
historische Bildung gesteigerten und dadurch regelmäßig bis 
auf sehr ferne Zeiten ausgedehnten Menschengedenken kein 
Besserberechtigter gegenübergestanden hat. Dann aber ist der 
unvordenkliche Besitzer der rechtmäßige Fürst, und die Frage, 
ob er Usurpator sei, kann gar nicht aufgeworfen werden. 
Soenach sind wir genöthigt, überhaupt die Anwendbarkeit 
des ganzen Verjährungsinstituts auf das Staatsrecht und die 
Legitimität insbesondere zu leugnen. Deshalb aber stellen wir 
keineswegs in Abrede, daß der Ablauf einer längern Zeit eine 
heiligende oder sühnende Kraft besitzt: die Zeit kann auch der 
illegitimen Dynastie eine factische Weihe gewähren, welche 
vom Volke für Legitimität gehalten wird, nicht weil dieses die 
Herrschaft seiner Fürsten geprüft und darauf für Recht erklärt 
hat, sondern weil es dieselbe für Recht hielt und deshalb 
nicht prüfte.
	        
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