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rückgenommen und die völkerrechtliche Legitimität eines Staats-
herrschers wieder zerstört werde: man könne die Geschichte
nachträglich nicht ungeschehen machen. 1)
Als Widerspruch gegen diese der völkerrechtlichen Aner-
kennung uneingeschränkt beigelegte legitimirende Wirkung er-
scheint jedoch der Ausspruch Bluntschli's 2), daß, da „das
Wesen der Legitimität nicht völkerrechtlich, sondern staatsrecht-
lich“ sei, die völkerrechtliche Anerkennung der factischen Regie-
rung nur dazu diene, die Unmöglichkeit einer Restauration von
außen her zu constatiren, und nur insofern für die Bildung
des neuen Rechts „erheblich“ sei. Auch tadelt Bluntschli
wiederum an anderer Stelle 3) die Legitimitätspolitik der Hei-
ligen Allianz, indem er „das Recht der nationalen Entwickelung
und Selbstbestimmung der Völker“ auf das entschiedenste ver-
tritt: nicht blos die Verdammung jeder constitutionellen Be-
schränkung der absoluten Fürstengewalt und jeder Aenderung
in dem neugarantirten Territorialbesitz, wie sie die Congresse
von Laibach und Verona ausgesprochen haben, sei verwerflich,
sondern es sei auch irrig, den Schutz der bestehenden Staats-
autoritäten und des öffentlichen Rechts in Europa als eine
Pflicht der fünf Großmächte aufzufassen.
Hiernach widersprechen sich nicht blos die Ansichten beider
vorgenannter Gelehrter nicht unerheblich, sondern auch die
Ansichten des einen von beiden sind verschieden und nicht
untereinander in Einklang zu bringen.
Zöpfl will der völkerrechtlichen Anerkennung nur die
1) Bluntschli, a. a. O., II, 58, 59, Note 4.
!) Bluntschli und Brater, Staatswörterbuch, Bd. 6, Art. „Legiti-
mität“, S. 356, 357.
*) Mobernes Völkerrecht, S. 47.