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souveränetät und demzufolge auch von der Souveränetät des
Volks in der monarchischen Verfassungsform mit dieser schlecht-
hin unverträglich. Kein neuerer deutscher Publicist von irgend-
welcher Bedeutung vertheidigt sie; auch Zöpfl und Bluntschli
verwerfen sie auf das entschiedenste. Das Volk, die Volks-
vertretung, die Gerichte haben regelmäßig die Monarchie als
eine in der bestehenden Verfassung begründete, durch die mo-
dernen Verfassungsurkunden sanctionirte, aber nicht geschaffene
Institution hinzunehmen, über deren Abänderung oder Auf-
hebung dem Volke oder der Volksvertretung allein gar kein
Recht, mit dem Monarchen zusammen nur ein durch den
Consens der Dynastie beschränktes Recht zusteht.
Sonach kann die Souveränetät des Volks im Staatsrechte
derjenigen Staaten keinen Platz finden, in welchen die Erb-
monarchie ununterbrochen seit langem oder überhaupt von jeher
die anerkannte Verfassungsform ist. Dagegen könnte es richtig
scheinen, daß der Sturz eines Monarchen, welcher seine Thron-
besteigung durch eine Berufung auf den Willen des Volks
rechtfertigt, eine rechtmäßige Willenshandlung des souveränen
Volks und die auf diesen Sturz erfolgende Berufung eines
andern Herrschers gleichfalls eine berechtigte Manifestation der
selbst von dem gestürzten Monarchen anerkannten Volkssouve=
ränetät sei. Aber auch eine solche Behauptung hält die ju-
ristische Prüfung nicht aus. Ueberall nämlich, wo die Volks-
souveränetät wenigstens als die principielle Basis eines neu-
geschaffenen Throns bezeichnet wird, hat das Volk keine an-
dern Organe zur Geltendmachung seiner Souveränetät als
einmal den Monarchen selbst und dann die Volksvertretung.
Dem Volke bleibt keine andere Theilnahme an der Ausübung
der Souveränetät als die Wahl seiner Repräsentanten. Nun
ist der Monarch als das eine hauptsächlichste Organ der
Brockhaus, Legitimitätsprincip. 20