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rechtmäßigerweise wieder besetzen. Vielmehr stellt sich das
Princip der Volkssouveränetät da, wo es selbst im positiven
Staatsrechte einer Monarchie seinen Platz gefunden hat, ent-
weder nur als die Rechtfertigung derjenigen Revolution dar,
welche den gegenwärtigen Zustand, insbesondere die gegen-
wärtige illegitime Monarchie geschaffen hat, oder es dient zur
rationellen Begründung des dem Volke eingeräumten allge-
meinen Wahlrechts., Daß das Volk auch für die Zukunft
revolutioniren dürfe, sobald es sich für beschwert durch seinen
Herrscher halte, ist dagegen eine Folgerung aus der Volks-
souveränetät, welche selbst in den auf ihr angeblich ruhenden
Monarchien gerade so revolutionär und deshalb straffällig ist
als in alten legitimen monarchisch regierten Staaten; ein
solches Recht ist dem Volke nicht nur nicht eingeräumt, son-
dern jeder von der Annahme eines solchen Rechts ausgehenden
Willensäußerung des souveränen Volks steht sogar die Straf-
gesetzgebung über Aufruhr, Hochverrath u. dgl. entgegen.
Nun aber erklärt Bluntschli nicht blos die Anerkennung
des Usurpators durch das Volk oder die Volksvertretung für
das „„geistig-sittliche Rechtselement“, dessen Hinzutreten zu der
thatsächlichen, nicht rechtlichen Ordnung des Staats diese erst
zur Rechtsordnung mache, sondern er verlangt vor allem auch
eine Anerkennung des Usurpators durch die Gerichte. Zöpfl
betont gleichfalls die Stellung der Gerichte während einer
Usurpation, aber ohne ihnen ein Recht der Anerkennung der
neuen Staatsordnung zuzusprechen. Vielmehr sieht er in dem
Momente, wo die Gerichte vom Usurpator abhängig geworden
sind, die Besitzergreifung der Staatsgewalt für vollendet und
einen pflichtmäßigen Widerstand der Bürger für unmöglich an.1)
1) Zöpfl, a. a. O., I, 558, 559.
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