Full text: Das Legitimitätsprincip.

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Diese Ansicht ist denn auch die zutreffende und zwar vernei- 
nende Antwort auf die Möglichkeit einer Anerkennung und 
dadurch hervorgebrachten Heilung der Usurpation von seiten 
der Gerichte, wie sie von Bluntschli vertreten wird. 
Wir dürfen trotz der unabhängigen Stellung der Gerichte 
niemals vergessen, daß kein Gerichtshof kraft eigenen Rechts 
Gerichtsgewalt übt. Vielmehr beruhen auch die Furctionen 
der Justizbehörden auf einem Auftrage des Trägers der Staats- 
gewalt: die Rechtsprechung ist keine selbständige, den Gerichts- 
höfen innewohnende Gewalt. Gerichte, welche einem regierenden 
Fürsten gegenüber die Frage aufwerfen und mit Rechtskraft 
entscheiden könnten, ob derselbe als legitim anzuerkennen oder 
fortdauernd als illegitim zu betrachten sei, würden die Quelle 
ihrer Competenz für diesen Streitfall nicht in dem Auftrage 
des derzeitigen Souveräns, sondern in sich selbst suchen, sie 
würden zur Construction einer ihnen kraft eigenen Rechts zu- 
stehenden höchsten, von jeder andern unabhängigen Gewalt auf 
dem Gebiete des Rechtslebens schreiten, d. h. sie würden sich 
für souverän erklären müssen. Derartige souveräne Gerichts- 
höfe gibt es aber nirgends: die Staatsgewalt umfaßt alle 
öffentlichen Gewalten und duldet keine coordinirte Gewalt neben 
sich. Die Gerichtshöfe leiten somit ihr Recht und ihre Ge- 
walt aus der bestehenden Staatsgewalt ab und würden, wenn 
sie sich gegen die Rechtmäßigkeit der zweifellos bestehenden 
Herrschaft eines bestimmten Individuums erklärten, nur als 
ein Collegium juristisch gebildeter Privatpersonen fungiren, 
deren Spruch vielleicht von der größten moralischen Tragweite 
sein könnte, eine rechtliche Wirkung aber niemals haben kann. 
Wollte ein Gerichtshof den gegenwärtigen Staatsherrscher als 
illegitim verwerfen und demzufolge alle seine Regierungshand- 
lungen für unrechtmäßig erklären, so würde er auch diejenige
	        
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