36
altüberkommenes Erbland, nicht aber ein dem Legitimitäts-
princip nach widerrechtlich vernichteter, vorübergehend Oester-
reich, dann wieder dem neugeschaffenen Königreich Italien
einverleibter Staat gewesen wäre.
Da war ferner die Republik Genua, welche zwar alle
ihre Verfassungswandlungen, ja selbst ihre Einverleibung in
Frankreich unter trügerischer Wahrung theils der alten, theils
neugeschaffener Verfassungen vollzogen hatte, aber dennoch auf
dem Wiener Congresse unter Berufung auf die zweifellose
Nichtigkeit ihrer Vereinigung mit einem usurpirten und nun-
mehr zerstörten Reiche, und auf die „unsterblichen Erklärungen“
der Allitrten in dem Vertrage von Chaumont 1) energisch für
die alte, überdies noch von Lord Bentinck im Namen Groß-
britanniens zugesicherte Unabhängigkeit eingetreten war. ) Das
Legitimitätsprincip forderte unzweifelhaft die Befriedigung die-
ses Wunsches: die Heiligkeit der „legitimen Rechte“ mußte
den alten Staaten ebenso wie den alten Dynastien zugute
kommen, um so mehr hier, wo eine alte, nach der Sprechweise
jener Zeit legitime Aristokratie die Wiedererrichtung des ge-
nuesischen Freistaats in der Form, welche er bis zum Jahre
1797 besessen, also keine illegitime Neuerung verlangte. 2)
Aber auch hier ist die politische Convenienz stärker als das
Rechtsgefühl des Congresses gewesen: Genua wurde, ob-
gleich widerstrebend ), dem Königreich beider Sardinien als
glänzende Entschädigung für den an Frankreich im Pariser
) Art. 1. 16.
2) Klüber, a. a. O., VII, 420 fg.
") Pölitz, Europäische Verfassungen, II, 349.
") Reuchlin, a. a. O., I, 63. Gervinus, Geschichte des 19. Jahr-
hunderts, I, 194, 195.