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folger schlechterdings vergessen hätte, wurde der schwedischen
Dynastie Bernadotte in der legitimen Neuordnung Eu-
ropas ein Platz angewiesen. Aber selbst wenn man die Ab-
dankung Gustav's IV. für einen rechtsgültigen Act ansehen
wollte, konnte man doch nicht, ohne das Legitimitätsprincip
zu verletzen, Karl XIII. als den König von Schweden aner-
kennen und seinem Adoptivsohn Bernadotte die Nachfolge auf
dem schwedischen Thron gewähren. Verfassungsmäßig begrün-
det war nach der Abdankung des Königs nur die Regentschaft
für den unmündigen Sohn Gustav's IV. gewesen. Weder die
Wahl Karl's XIII. zum König, noch die Christian August's
von Sonderburg-Augustenburg, dann Bernadotte's zum Thron-
folger konnten das Recht des abgesetzten Herrschers und sei-
nes Sohnes vernichten: das bei der Beseitigung Gustav's IV.
geltende Staatsrecht 1) gestattete die Wahl eines Königs, be-
ziehentlich einer Dynastie nur im Falle des Aussterbens der
männlichen Nachkommenschaft des regierenden Hauses 2), er-
klärte also weder ein willkürliches Abgehen von der in der
herrschenden Dynastie geltenden Erbfolgeordnung, noch eine
Wahl zum Zweck der Beseitigung des regierenden Hauses für
zulässig. So gebührte von Rechts wegen die Nachfolge auf
dem schwedischen Thron noch immer der Nachkommenschaft
des vertriebenen Fürsten. Aber trotz eines lauten, feierlich
mitten in das Festgewühl des Wiener Congresses hineingeru-
feenen Protestes des legitimen Königs 3) erfolgte kein Schritt
zu dessen Wiedereinsetzung, so dringend auch eine Lehre sie
1) Vgl. v. Nordenflycht, Die schwedische Staatsverfassung in ihrer
geschichtlichen Entwickelung (Berlin 1861), S. 340.
2) Fundamentalgesetz vom 21. Aug. 1772, Art. 38; vgl. mit Art. 41
(Pölitz, Européäische Verfassungen, III, 66, 67).
3) Klüber, a. a. O., IX, 335.