Full text: Das Legitimitätsprincip.

42 
war die Legitimität nur ein Mantel, hinter dessen Falten sie 
den Mangel ihres eigenen Rechts verbargen, eine zum Schutze 
der Dynastien Europas erfundene Fiction, deren unverletzte Auf- 
rechthaltung die Mächte sich gegenseitig gewährleisten sollten 
und schließlich durch die Heilige Allianz gewährleistet haben; 
was nicht rechtmäßig war um seines Ursprungs willen, 
wurde um seines Bestehens willen als rechtmäßig fingirt 
und damit unter den Schutz der Allianzmächte gestellt. 
Zwar mag mancher an die Richtigkeit der seit dem Wie- 
ner Congresse für alle bestehenden Dynastien in Anspruch ge- 
nommenen Legitimität geglaubt, das Princip nicht blos als 
solches für vernünftig und berechtigt, sondern auch für conse- 
quent durchgeführt gehalten haben; zwar mag mancher die 
hartnäckige Aufrechthaltung unhaltbarer Zustände eben um des 
in ihnen verwirklichten Grundgedankens willen vertheidigt und 
für das einzig Richtige, weil einzig Rechtmäßige, erklärt haben: 
der Glaube an die Legitimität der Neugestaltung Europas 
war und blieb doch ein Irrthum, ein beinahe unverzeihlicher 
Selbstbetrug, und was der ehrliche Vertreter des Legitimitäts- 
princips an seiner Sittlichkeit rettete, würde ihm an seiner 
Intelligenz verloren gehen. Die lauten Proteste der Verletz- 
ten, die Lehre von den vacanten Territorien, da es doch bei 
strenger Durchführung des Legitimitätsprincips keine solchen 
geben konnte, weil jedes Territorium vor der Revolutionsperiode 
einen Herrn gehabt, die Theorie der Entschädigungen gewisser 
Dynastien auf Kesten anderer Fürstengeschlechter: alles das 
mußte klar beweisen, daß der Behauptung von dem in seine 
alte Herrschaft wiedereingesetzten Rechte zum großen Theil der 
Boden fehlte. 
Nicht als ob man es hätte bedauern müssen, daß die 
alten Zustände nur theilweise wiererhergestellt worden. Die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.