Full text: Das Legitimitätsprincip.

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französischen Kriege und Occupationen hatten in der That 
eine Masse überlebter Institutionen aus der Welt geschafft, 
und politischer Wahnsinn, nicht aber politische Klugheit wäre 
es gewesen, die morschen Throne und Staaten, welche den 
ersten Stürmen der Neuzeit nicht hatten widerstehen können, 
von neuem zu errichten, Europa abermals mit einer so gro- 
ßen Zahl in sich haltloser, ungesunder und überlebter Staaten 
zu überfüllen, als vor der Französischen Revolution bestanden 
hatten. 
Wer konnte es im Ernste wünschen, daß die geistlichen 
Fürstenthümer wiederhergestellt, daß die reichsunmittelbaren 
und reichsständischen Fürsten, Grafen und Herren wieder in 
ihre alte Landeshoheit eingesetzt, daß die alten verkommenen 
Republiken Venedig und Genua wiedererrichtet würden? 
Konnte ein Politiker glauben, ein deutsches Kaiserthum sei 
möglich, dem Preußen sich als allezeit gehorsamer Unterthan 
werde fügen können; ein römischer Kaiser sei möglich, der, mit 
der längstvergessenen Würde des advocatus ecclesiae ge- 
schmückt, mitten in die moderne Welt wie das fleischgewordene 
Mittelalter getreten wäre? 1) Wer konnte im Ernste die 
Staatsmänner des Wiener Congresses tadeln, daß sie mit 
vielen unhaltbaren Verhältnissen der frühern Zeit gebrochen 
und die politische Klugheit mehr als das überlieferte histo- 
rische Recht zur Richtschnur ihres Handelns gemacht hatten? 
In dem Einen aber hätten die censervativen Politiker 
1) Ueber das Verlangen des römischen Stuhls, daß das Heilige Rä- 
mische Reich wieder errichtet werde (sacrum Imperium romanum, po- 
liticee unitatis centrum jure habitum et religionis sanctitate con- 
secratum); vgl. Klüber, a. a. O., VI, 432 fg.: Protestatio nomine 
Sanctitatis suae Pü Papae VII. et Sanctae Sedis apostolicae, data 
Vindobonae d. 14. Jan. 1815.
	        
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