Full text: Staats- und Verwaltungsrecht der freien und Hansestadt Lübeck.

Dritter Abschnitt. 
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Viertes Kapitel. Meinungsverschiedenheiten 
zwischen Senat und Bürgerschaft. 
$ 17. 
Die Bürgerschaft ist, wie oben S. 34 bemerkt, unauflöslich ; 
es fehlt im lübeckischen Staatsrecht also ein Mittel, das in 
konstitutionellen Monarchien vielfach der Lösung von Kon- 
flikten zwischen Regierung und Volksvertretung dienen muß. 
Die Verfassung enthält indes in einem besonderen Abschnitt 
Vorschriften, die nach Art. 73 anzuwenden sind, wenn sich 
bei den Verhandlungen über Anträge des Senates an die 
Bürgerschaft oder über Anträge der Bürgerschaft an den 
Senat zwischen beiden eine beharrliche NMeinungsverschieden- 
heit zeigt. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden, je nach- 
dem es sich in erster Linie um Rechts- oder um Zweckmäßig- 
keitsfragen handelt. 
Wenn zwischen dem Senate und der Bürgerschaft über 
die authentische Auslegung bestehender Gesetze eine Meinungs- 
verschiedenheit obwaltet, insbesondere wenn Bestimmungen 
der Verfassung streitig sind, oder wenn ein vom Senate oder 
von der Bürgerschaft auf Grund der Verfassung in Anspruch 
genommenes Recht von dem anderen Teile bestritten wird, 
so wird zunächst der Versuch gemacht, die Meinungsver- 
schiedenheit im Wege der Verständigung zu beseitigen. Bleibt 
dieser Versuch ohne Erfolg, so ist die Streitfrage der recht- 
lichen Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu 
unterwerfen. Das in solchen Fällen zu beobachtende Ver- 
fahren ist durch eine besondere Übereinkunft zwischen dem 
Senate und der Bürgerschaft (vom 6. August 1851, jetzt vom 
7. April 1875) geregelt. Nach dieser Übereinkunft ist zunächst 
zum Zwecke der sütlichen Ausgleichung eine aus drei Mit- 
gliedern des Senates und drei vom Bürgerausschuß gewählten 
Mitgliedern der Bürgerschaft bestehende gemeinsame, so- 
genannte Vergleichskommission zu bilden, die nach voran- 
gegangenem Schriftwechsel in nähere Beratung über die Art 
und Weise einer gütlichen Ausgleichung der Streitfrage ein- 
tritt. Ihre Aufgabe ist dabei nicht, sich über die Rechts- 
frage auszusprechen, vielmehr hat sie „gewissenhaft und feru
	        
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