Die Organisation des Staates. 63
organisierte Stadtgemeinde begründet und weder die Zulassung
von Vertretern der ländlichen Bezirke zur Stadtvertretung
durch die Verfassung von 1848 noch die durch die Verfassung
vom 5. April 1875 eingeführte Bezeichnung Freistaat hätten
die Absicht oder den Erfolg gehabt, an diesem Bestande einer
selbständigen Stadtgemeinde etwas zu ändern, Art. 18 Abs. 2
der Verfassung bestimme vielmehr ausdrücklich, daß die Ge-
meindeangelegenheiten der Stadt Lübeck, solange und in-
soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimme, vom Senate
in derselben Weise wie die Angelegenheiten des Staates unter
Mitwirkung oder Zustimmung der Bürgerschaft bzw. des
Bürgerausschusses zu leiten seien. Durch den Hinweis auf
diesen, noch jetzt unverändert geltenden Satz der Verfassung
darf die Frage nach dem Bestehen einer vom Staate zu unter-
scheidenden Stadtgemeinde Lübeck für die hier zu verfolgen-
den Zwecke als entschieden angesehen werden: erkennt die
Verfassung an, daß es besondere Gemeindeangelegenheiten
der Stadt Lübeck gibt oder doch geben kann, so erscheint
es für unsere Zwecke unfruchtbar, jene Frage von neuem zu
erörtern, um so mehr als die tatsächliche Gestaltung der Dinge
durchaus der in dem Dekrete vom 31. Januar 1876 ver-
tretenen Auffassung entspricht.
Erkennbar und praktisch wird die Unterscheidung der
Stadtgemeinde vom Staate in der Vermögensverwaltung und
der Aufstellung des Haushaltsplans. Eine völlige Trennung
zwischen dem Staats- und dem Gemeindevermögen, zwischen
dem Staatshaushalt und dem Gemeindehaushalt ist freilich
ebensowenig durchgeführt, wie es allgemeine Bestimmungen
darüber gibt. welche Gegenstände als Staats-, welche als Ge-
meindeangelezenheiten anzusehen sind. Es sind indes gewisse
Gesenstände durch das Herkommen und die tatsächliche Ge-
staltung, die dabei natürlich den vorhandenen Möglichkeiten
und Bedürfnissen gefolgt ist, als Gemeindeangelegenheiten
anerkannt worden. Daß dies im wesentlichen solche sind, die
auch in anderen Staaten als Gegenstände der Gemeinde-
verwaltung angesehen werden, liest in der Natur der Sache,
daß ihre Abgrenzung nicht so scharf wie anderswo ist, mit
daran, daß ein Bedürfnis hierfür nicht in dem Maße wie an
anderen Orten besteht, weil Zweifel über die zu ihrer Er-