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dessen die Voraussetzungen für den Eintritt des Belagerungs
zustands liegen. Die Regelung einer so wichtigen Materie
soll nicht ohne weiteres durch Verweisung auf ein bereits
vorhandenes einzelstaatliches Gesetz erfolgen. Derjenige,
dem allein die Einsichtnahme in die Reichsverfassung mög-
lich ist, würde sonst im unklaren bleiben müssen, daß dieses
weitgreifende Recht auf Notfälle beschränkt ist.
Innerhalb dieser allgemeinen Bedingung sollte aber die
Normierung der Voraussetzungen des Belagerungszustands im
einzelnen dem Art. 68 Abs. 2 RV. vorbehalten bleiben. So
löst sich der scheinbare Widerspruch der beiden Teile ge-
nannter Verfassungsbestimmung.
B. Formen der Verhängung.
Die Verhängung des Belagerungszustands erfolgt durch
kaiserliche Verordnung, die zunächst zu ihrer staatsrechtlichen
Wirksamkeit der Publikation im Reichsgesetzblatt bedarf;
denn auch eine Reichsverordnung ist im Sinne von Art. 2 RV.
ein Reichsgesetz.‘) Weiterhin ist sie vom Reichskanzler ge-
mäß Art. 17 RV. gegenzuzeichnen. Irrig ist die Auffassung, ')
daß sie ein Armeebefchl sei und darum der Gegenzeichnung
des BHeichskanzlers nicht bedürfe.”) Akt der Kommando-
gewalt ist die Verhängung des Belagerungszustands nur in-
soweit, als sie sich an den Militärbefehlshaber richtet. Dies
ist aber nur eine formale Begleiterscheinung, die gewiß für
das tatsächliche Wirksamwerden der Maßregel Bedeutung
hat; materiell dagegen, und das ist die Hauptsache, führt sie
ıı vgl. Laband, StR. Bd.4 5.42, Bd. 2 5.100.
” Haldya.a.0,. 5.36.
°) Preuß. Erlaß v. 18. 1. 1861.