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Ziff. 14 RV. erstreckt sich also nicht auf die Gesetzgebung
über den Belagerungszustand.
Eine Erweiterung der Zuständigkeit der Reichsgesetz-
gebung auch auf das zur Verhängung befugte Subjekt —
etwa um die Ausschließlichkeit der kaiserlichen Befugnis her-
zustellen — könnte sich darum nur unter den Erschwerungen
des Art. 78 RV. vollziehen.
Dagegen würde sich der erheblich einfachere Weg bieten,
die genannten landesrechtlichen Bestimmungen durch ein
förmliches Landesgesetz aufzuheben, sofern sich herausstellen
sollte, daß sie dem keichsrecht gegenüber in einzelnen Be-
ziehungen unwirksam bleiben müßten und daß ihr teilweises
Fortbestehen zu Unzuträglichkeiten angesichts der im Reiche
getroffenen Regelung der Materie führen würde. Es ist fest-
zustellen, daß, soweit übersehbar, eine formelle Aufhebung
der dargestellten Landesrechte nicht erfolgt ist.
89.
Die Rechtsnatur der kaiserlichen Befugnis
aus Art. 68 RV.
Das Recht des Kaisers aus Art. 68 RV. fällt unter den
alleemeinen Begriff der Regierungsrechte.!} Seinem Inhalte
nach gewährt es die Möglichkeit, die gesamte im Normal-
zustande den Einzelstaaten verbliebene innere Verwaltung
unter besonderen Voraussetzungen auf Zeit der Reichsgewalt
zu unterstellen; denn an Stelle der bürgerlichen Organe des
einzelnen Gliedstaats oder auch über diese treten Militär-
1) Brockhaus a.a.0. S.70ff.; Gordan, Zur Lehre von der
Kontingentsberrlichkeit usw. 3. 494.