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Die Reichsverfassung würde aber die Befehlsgewalt zu
polizeilichen Zwecken nicht besonders aus dem Bereiche der
an sich schon bestehenden unselbständigen Kommando-
gewalt der Landesherren hervorgehoben haben, wenn sie damit
nicht den Zweck verbunden hätte, den Landesherren ein dem
kaiserlichen Oberbefehle gegenüber unabhängiges Befehls-
recht vorzubehalten. Die Bedeutung der Vorschrift des Art. 66
Abs. 2 RV. besteht darin, daß, soweit dieses landesherrliche
Recht ausgeübt wird, ein Eingriff des kaiserlichen Ober-
befehls zur Abänderung oder Beseitigung landesherrlicher
Maßnahmen staatsrechtlich ausgeschlossen ist.
Nach dem Vorstehenden haben wir im Reiche zwei selb-
des Kaisers und eine beschränkte der Landesherren, die sich
nur auf eigene Truppen und polizeiliche Zwecke erstreckt.
Es fragt sich, ob diese polizeilichen Zwecke auch die Durch-
ührung eines Belagerungszustands in sich schließen.
8 11.
Der landesrechtliche polizeiliche Ausnahmezustand.
Was sind die polizeilichen Zwecke des Art. 66 Abs. 2 RV.?
Der Polizeibegriff ist in seinen Grenzen lebhaft umstritten.
Rosin'!) faßt darunter nach preußischem Recht die ge-
samte innere Verwaltung, d.h. unter Ausscheidung der Justiz-,
Finanz- und Militärverwaltung die ganze nach innen ge-
richtete, dem Gemeinwohl gewidmete staatliche Tätigkeit.
Andere schränken nach dem Mittel ein; für sie umfaßt Polizei
nur den Teil der inneren Verwaltung, der mit Zwang gegen
!) Begriff S. 114.