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der Einzelstaaten über den Gerichtsstand nicht mehr in Kraft
sind, bedarf es auch keiner ausdrücklichen Suspension mehr
vor Anordnung des Standrechts.
Es steht also nichts im Wege, daß in genannten Staaten
anläßlich eines lediglich nach Landesrecht verhängten Be-
lagerungszustandes Kriegsgerichte angeordnet werden. Eine
Schwierigkeit besteht aber dabei.
Enthält das Recht dieser Staaten zur Verwendung oder
Requisition von Truppen zu polizeilichen Zwecken auch ge-
richtsherrliche Befugnisse, wie die Anordnung eines
Sstandgerichts oder die Ernennung von dessen militärischen
Mitgliedern ? Diese Frage ist unbedenklich zu bejahen. Die
Sinne zu fassen: jede Maßnahme, die eine Abwehr von Staats-
gefährdungen bezweckt, fällt darunter. Und gerade die mög-
lichst schleunige und gründliche Unschädlichmachung von
staatsfeindlichen Elementen soll durch die Einsetzung eines
summarisch verfahrenden Ausnahmegerichts erreicht werden.
Im Anschluß an das Vorstehende ist die Bestimmung des
8 20 MStGO. zu erwähnen, wonach der Gouverneur, Komman-
dant oder sonstige Befehlshaber in einem in Kriegszustand
(Belagerungszustand) erklärten Orte oder Distrikte Gerichts-
herr der höheren Gerichtsbarkeit ist. Diese Wirkung muß
mangels einer ausdrücklichen Beschränkung auf einen gemäß
Art. 68 RV. verhängten Kriegszustand auch dann eintreten,
wenn nach Landesrecht die Militärdiktatur verhängt wird.
Naturgemäß versteht aber das Gesetz hier unter Kriegszustand
nicht den Fall einer reinen Zivildiktatur, weil diese sonst
keine militärischen Wirkungen äußert.