Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Graf Lanza 
Sir Frank 
Lascelles 
144 ECARTS DE LANGAGE 
deutschen zu fördern. Es wäre manches anders gekommen, wenn Graf 
Szögyenyi statt des Prinzen Gottfried Hohenlohe während des Weltkriegs 
der Vertreter Österreich-Ungarns in Berlin gewesen wäre. Szögyenyis kleine 
Eigenheiten schadeten niemandem. Er war eifrig, und scine Besuche dau- 
erten meist eine bis zwei Stunden. Er war wißbegierig, und wenn er beim 
Reichskanzler und dem Staatssekretär des Äußeren vorgesprochen hatte, 
versäumte er selten, zum Schluß die vortragenden Räte der politischen 
Abteilung aufzusuchen, um auch sie auszufragen. He was very inquisitive. 
Er hatte auch die kleine Marotte, jeden Bleistift, den er sah, einzustecken, 
was zu manchen Neckereien und Scherzen Anlaß gab. Alles in allem ein 
loyaler und einsichtiger Mittelsmann zwischen den beiden Zentralmächten. 
Der italienische Botschafter Graf Lanza war wie Graf Szögyenyi ein 
vornehm denkender Mann von erprobter Zuverlässigkeit. Er war von Hause 
aus Soldat, langjähriger Adjutant des Königs Viktor Emanuel II. und des 
Königs Humbert. Er war während Jahren italienischer Militärattache in 
Wien gewesen, war dort freundlich aufgenommen worden und schon deshalb 
bemüht, nach Möglichkeit aufeine Besserung derit h-ö ichisch 
Beziehungen hinzuwirken. In der deutsch-italienischen Allianz sah er Fun- 
dament und Angelpunkt der italienischen Politik. Lanza verehrte und 
liebte Kaiser Wilhelm II., der dieses Gefühl erwiderte und Lanza sehr früh 
den Schwarzen Adlerorden verlieh, ihn aber später nach der Ermordung 
des Königs Humbert durch seine Antipathie gegen die Königin Elena oft 
in Sorge, bisweilen in Verzweiflung versetzte, zumal sich diese Abneigung 
nur allzu oft in unvorsichtigen Redewendungen Luft machte. Wenn ver- 
ständige und dem Kaiser Wilhelm II. wirklich ergebene Männer solche 
„Ecarts de langage‘‘ beklagten, so pflegte der Historiograph Kaiser Wil- 
helms II., Professor Theodor Schiemann, den in der Kunst, dem Monarchen 
zu schmeicheln, nur Adolf von Harnack übertraf, darauf hinzuweisen, daß 
sich auch Friedrich der Große bisweilen maliziöse Äußerungen über die 
Kaiserin Maria Theresia, die Kaiserin Elisabeth von Rußland und die 
Marquise Pompadour erlaubt habe, was nicht verhindert hätte, daß diese 
drei Damen in allegorischer Reproduktion über dem Neuen Palais in 
Potsdam die siegreiche preußische Krone hochbielten. Das „‚si duo faciunt 
idem, non est idem“ des Terenz bleibt aber nun einmal eine unbestreitbare 
Wahrheit. 
Die freundlichsten und ältesten Beziehungen verbanden mich mit dem 
englischen Botschafter Sir Frank Lascelles. Wir waren viele Jahre hindurch 
Kollegen in Bukarest gewesen und hatten Tag für Tag gemeinsam die 
„Chaussee“, die Avenue des Champs-Elysees der rumänischen Hauptstadt, 
durchwandelt. Sir Frank war ein schöner Typus der englischen Rasse, der 
man politisch so oder so gegenüberstehen kann, deren sehr große und sehr
	        
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