Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

SALISBURYS ANTIPATHIE GEGEN WILHELM II. 207 
gemacht habe gegenüber englischer Kohle, haben zu einem überraschend 
günstigen Resultat geführt. Die beste Poschan-Koble ist der Cardiff-Kohle 
gleichwertig! Die geringere Qualität ist unvergleichlich viel besser als die 
japanische.“ Über die vielfachen Differenzen zwischen den verschiedenen 
Marineinstanzen schrieb der Prinz dem Kaiser: „Hoffentlich ist, wenn diese 
Zeilen Dich erreichen, unsere Organisationsfrage geklärt, und Du bist fest 
geblieben in dem Festhalten an der bisherigen Organisation. Dein Wille 
kann nur durch ein Kommandoorgan ausgegeben werden. Traue Tirpitz 
nach wie vor, aber laß Dich nicht durch ihn verleiten, die Kommando- 
gewalt des Oberkommandos auch nur im geringsten zu beschneiden. 
Niemand hat heftiger für ein solches Oberkommando gekämpft als seiner- 
zeit Tirpitz selbst. Und dies aus Überzeugung! Gott segne und behüte Dich. 
Dich und die Deinen täglich in mein Gebet einschließend, bleibe ich Dein 
Dich innigst liebender und stets treuer, gehorsamer Bruder Heinrich.“ 
Mit seinem Herzen stand Prinz Heinrich seit jeher trotz warmer Freund- 
schaft für seinen Schwager, den Kaiser Nikolaus, mehr auf englischer als 
auf russischer Seite. So schrieb er am 28. Oktober 1898 aus Tsingtau an 
seinen Bruder: „Ich halte die langsame, aber stetige Entwicklung Ruß- 
lands im Osten nach wie vor für einen bedenklichen Faktor, der deutsche 
und englische Interessen in China leicht gefährden kann. Seit der Besitz- 
ergreifung von Port Arthur ist Rußland in eine bedenkliche Nähe von 
Peking geraten. Die .Mandschurei wird bereits beeinflußt und langsam 
russifiziert. Korea dürfte nur eine Frage der Zeit sein!... Deine freund- 
lichen Beziehungen zu Nicky habe ich wiederholt betont, und ich glaube 
sagen zu dürfen, zur allgemeinen Zufriedenheit, wenngleich meine Äuße- 
rungen zu einer Zeit fielen, da Du unserer alten Waffenbrüderschaft mit 
England gedachtest, was ich selbst im Innersten meines Herzens mit Freu- 
den begrüßte.“ 
In jenen Dezembertagen 1897 führte Wilhelm II. die ungünstige Beur- 
teilung seines Kieler Festes sofort auf die persönliche Feindschaft des eng- 
lischen Premierministers Lord Salisbury gegen das Deutsche Reich und den 
Deutschen Kaiser zurück. Bekanntlich war Kaiser Wilhelm mit dem eng- 
lischen Premierminister bei einem seiner ersten Besuche in England, nach 
seiner Thronbesteigung, lange vor meinem Amtsantritt, persönlich anein- 
andergekommen. Lord Salisbury hatte den Kaiser unruhig und anspruchs- 
voll, Wilhelm II. den englischen Premier hochmütig und arrogant gefunden. 
Englische Freunde haben mir erzählt, die bedauerliche und politisch schäd- 
liche, aber unbestreitbare und mit den Jahren zunehmende Antipathie des 
mächtigen englischen Staatsmannes gegen den Deutschen Kaiser wäre 
auch darauf zurückzuführen, daß der Marquis of Salisbury, trotz gelegent- 
licher politischer Friktionen ein Bewunderer des Fürsten Bismarck, über
	        
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