XIX. KAPITEL
Kaiserbesuch in Karlsruhe » Burg Hohenzollern »- Königin Wilhelmine von Holland
in Berlin (Oktober 1899) - Besuch des Zarenpnares in Berlin « Die Reise der deutschen
Majestüten nach England (20. XI. 1899) . Die Kaiserin gegen die Reise, ihr Brief an
Bülow » Bericht Hatzfeldts - Landung in England » Die Herzogin von Connaught
Deutsche Prinzessinnen im Ausland « Windsor + Die Galatafel + Englische Hofleute
und Staatsmänner - Memorandum des Fürsten Hohenlohe für Wilhelm II.
m September begleitete ich den Kaiser bei einem Besuch in Karlsruhe.
Das Zusammensein mit den badischen Herrschaften war immer wohl-
tuend und aufrichtend. Großherzog Friedrich und Großherzogin Luise
waren beide im besten Sinne des Wortes Idealisten, die unberührt von den
Kleinlichkeiten und Erbärmlichkeiten des Tages an die großen Ziele
dachten, die, sternengleich, dem Patrioten leuchten sollen. Trotz diesem
vaterländischen Idealismus hatte das Verhältnis zwischen dem Großherzog
Friedrich und dem Fürsten Bismarck mehrfach Trübungen erfahren.
Ungeachtet meiner Bewunderung und Liebe für den größten deutschen
Staatsmann und einen der größten Männer aller Zeiten muß ich zugeben,
daß an solchen Friktionen der Fürst größere Schuld trug als der Groß-
herzog. Namentlich in der Affäre Roggenbach-Geffcken hatte sich Bismarck
durch Mißtrauen und Ranküne zu weit fortreißen lassen. Das tut seiner
Größe keinen Abbruch. Napoleon bleibt groß, obschon er den Herzog
von Enghien erschießen ließ, was niemand billigen kann.
Von Karlsruhe fuhr der Kaiser mit mir auf das Manöverfeld und dann
zum Besuch der Burg Hohenzollern. Wir waren um fünf Uhr morgens in
Karlsruhe aufgebrochen und kehrten erst um neun Uhr abends dorthin
zurück, wo uns noch eine Theatervorstellung und nach ihr eine Hofsoiree
mit Cercle bevorstand. Der Kaiser überwand solche Anstrengungen spie-
lend. Nachdem er dem Manöver während drei Stunden im Sattel beige-
wohnt hatte, nahm er, unmittelbar nach einem kräftigen Frühstück im
Waggon, einen langen Vortrag von mir entgegen, im Laufe dessen ich ihm
eine Reihe diplomatischer Personalveränderungen vortrug. Darunter leider
auch die Wiederanstellung des Legationsrats von Schön, der sich als Hof-
marschall in Koburg festgefahren hatte und wieder in die Diplomatie
zurückzukehren wünschte, wo er als Botschafter in Petersburg und Paris
Karlsruhe
und Burg
Hohenzollern