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Königinnen
von Ilolland
in Potsdam
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300 DER PRINCE CITRON
wie als Staatssekretär des Äußern in Berlin keine Lorbeeren pflücken sollte.
Auf dem Hohenzollern, dessen Besuch mich immer ebenso tief bewegt hat
wie der Anblick des Hohenstaufen, jener beiden Gipfel im Schwabenlande,
die mit mahnender Hand des deutschen Volkes Geschichte künden, schenkte
mir der Kaiser ein schönes Bild des Schlosses seiner Ahnen und schrieb
darunter das Datum des Tages: 9. 9. 99. Er erzählte mir bei diesem Anlaß,
daß seine Großmutter, die Kaiserin Augusta, ihm einmal, als von derschönen
Fernsicht vom Hohenzollern die Rede war, gesagt hatte: „Das soll dir eine
Mahnung sein, dir einen weiten und freien Blick zu erwerben und zu wahren.“
Eine Äußerung im Geiste Goethes.
Im Oktober 1899 erfolgte in Potsdam der Besuch der Königinnen von
Holland. Die Königin-Mutter Emma, eine Prinzessin von Waldeck, machte
einen verständigen, ruhigen und zuverlässigen Eindruck. Sie hatte 1879
den um mehr als vierzig Jahre älteren König Wilhelm III. von Holland
geheiratet, der in erster, nicht gerade glücklicher Ehe mit der Prinzessin
Sophie von Württemberg vermählt gewesen war, einer klugen und geist-
vollen Frau, der Freundin von Ernest Renan und anderen französischen
Schöngeistern, die aber, wie leider viele ins Ausland vermählte deutsche
Prinzessinnen, bis zur Gehässigkeit antideutsch geworden war. Aus dieser
Ehe stammte nur ein Sohn, der Prinz von Oranien, der meist in Paris lebte,
wo der „Prince d’Orange“ von der Lebewelt „Prince Citron“ genannt zu
werden pflegte. Als der Prince Citron infolge starker Exzesse im Dienste
des Bacchus in frühen Jahren starb, entschloß sich König Wilhelm III. auf
Wunsch seines Volkes und um das Aussterben des ruhmreichen Hauses
Oranien zu verhüten, zu einer zweiten Ehe. Königin Emma hatte das nicht
leichte Joch dieser Ehe mit Hingebung, Geduld und Takt getragen. Trotz
seiner Exzentrizitäten war Wilhelm III. bei dem niederländischen Volk,
das mit unerschütterlicher Treue am Haus Oranien hängt, bis an sein Ende
populär geblieben. Die kleinen Züge, die von ihm und seinen vielen Selt-
samkeiten erzählt wurden, erhöhten nur seine Volkstümlichkeit. Als ihm
einmal der Besuch seines ihm nicht besonders sympathischen Ministers
gemeldet wurde, empfing er diesen badend in einem Teich seines Parks und
forderte den Minister auf, sich ebenfalls auszukleiden, zu ihm ins Wasser
zu steigen und dort seinen Vortrag zu halten. Als er seinen Einzug mit der
Königin Emma in Amsterdam hielt, reichte ihm das begeisterte Volk einen
ganz in Orangefarben gekleideten vierzehnjährigen Knaben in die Karosse.
Das sollte eine Huldigung sein, der König nahm es aber als Aufdringlich-
keit, ergriff den Knaben und schleuderte ihn in weitem Bogen über die
Pferde wegin die Menge, die diesen Beweis königlicher Kraft mit Jubel
aufnahm. Die bei ihrem Besuch in Potsdam kaum neunzehnjährige Königin
Wilhelmine war damals ein reizendes junges Mädchen, das noch ganz unter