HOHENLOHE UND DIE S.J. 11
und ziemlich einsilbig geworden, und der Kaiser liebte es nicht, wenn man
ihn bei Diners neben Onkel Chlodwig setzte, mit dem die Konversation
immer mühsamer wurde. .
Ich begegnete mich bei diesem ersten Wiedersehen mit dem Kanzler
in der Überzeugung, daß wir im Innern die Parteien nicht noch mehr sich
untereinander verhetzen lassen dürften, sondern sie nach Möglichkeit zu
gemeinsamer Arbeit vereinigen müßten. Ich stimmte ihm auch darin bei,
daß ich mir ebenso wie er von Ausnahmegesetzen gegen die Sozialdemo-
kratie nichts verspräche. Dagegen perhorreszierte er den Gedanken an eine
Modifikation oder gar an die Aufhebung des Jesuitengesetzes, die damals
von seiten des Zentrums mit erneutem Eifer betrieben wurde. Gegen den
Orden der Gesellschaft Jesu war er, obwohl Katholik, von einem Miß-
trauen und einer Abneigung erfüllt, wie sie mir selbst bei eifrigen Pro-
testanten selten vorgekommen ist. Er war voll von Geschichten und Anck-
doten über Intrigen und Verbrechen, die von der Societas Jesu in früheren
Jahrhunderten begangen worden seien. Er war überzeugt, daß die Jesuiten
auch jetzt vor keinem Mittel zurückschreckten. Es sei sicher, daß sie den
Staatssekretär Franchi in Rom vergiftet hätten. Dieser sei ihnen ver-
dächtig gewesen durch liberale Neigungen und durch seine Tendenz, mit
dem Königreich Italien zu einem Verständnis zu gelangen. Nach einer
Messe, die er in einer Jesuitenkirche gelesen habe, wäre ihm von einem
Geistlichen des Ordens ein Sorbett vorgesetzt worden, nach dessen Genuß
er bald nachher unter fürchterlichen Leibschmerzen gestorben sei. Fürst
Hohenlohe hat mir auch anvertraut, daß sein Bruder, der Kardinal, so sehr
gefürchtet habe, von den Jesuiten mit den im 16. Jahrhundert bewährten
Mitteln des Hauses Borgia beseitigt zu werden, daß er sich den für den
Meßkelch bestimmten Wein immer nur aus einer von seinem Diener ver-
siegelten Flasche habe eingießen lassen. Eine Lieblingswendung des Fürsten
Hohenlohe war, daß es drei Mächte gebe, deren Feindschaft für jeden Po-
litiker unbequem wäre: die Jesuiten, die Freimaurer und die Juden.
Das Ideal wäre, sie alle drei für sich zu haben, das sei aber nicht ganz ein-
fach. Andererseits dürfe man sich aber weder den Freimaurern, noch den
Juden, noch den Jesuiten, und namentlich nicht den Jesuiten, ganz in die
Hand geben. Letzteres führe sicher zur Katastrophe, wie dies das Schicksal
Karls X. von Frankreich, die Mißgriffe des am Ende seiner Regierung von
seiner bigotten Frau, der Kaiserin Eug£nie, beherrschten Napoleon III.,
der Untergang Polens, der Regierungsabschluß der Königin Isabella von
Spanien, der Ausgang des jesuitischen Regierungsexperiments in Paraguay,
vor allem aber die österreichische Geschichte, namentlich in der Zeit der
Gegenreformation und während der Konkordatsherrschaft, beweise. Bevor
wir uns trennten, gab mir Fürst Hohenlohe mit einer leichten und liebens-
Soszial-
demokraten
und Jesuiten