XXI. KAPITEL
Haager Friedenskonferenz « Die Nordlandreisen des Kaisers, Berichte und Briefe des
Grafen Philipp Eulenburg » Staatsstreichpläne des Kaisers, seine Stellung zur Sozial-
demokratie « Wilhelm II. über Cecil Rhodes » Kardinal Hohenlohe über Kaiser Wil-
helm II. » Bülows Reichstagsrede vom 11. XII. 1899: Deutschland Hammer oder
Amboß » Jahrhundertfeier im Berliner Schloß « Ermordung des deutschen Gesandten
in Peking » General Gündel Kommandeur der Expeditionstruppen +» Hunnenrede
Wilhelms II.
eim Rückblick auf die Ereignisse des letzten Jahres des neunzehnten
Jahrhunderts muß ich noch die Haager Friedenskonferenz erwähnen.
Sie wurde am 13. Mai 1899 unter dem Vorsitz des russischen Botschafters
in London, von Staal, eröffnet. Herr von Staal gehörte wie Graf Osten-
Sacken der alten russischen Diplomatenschule an, er hatte schon unter
Kaiser Nikolaus I. gedient und war durchaus deutschfreundlich. Er war mit
einer Prinzessin Gortschakow verheiratet, einer Schwester der Baronin
Olga Meyendorff, der Freundin des großen Musikers Franz Liszt. Beide
Schwestern, durch Geist und Herz gleich ausgezeichnet, waren seit langem
mit meiner Frau und mir befreundet. Herr von Staal suchte mich, bevor
ersich von London nach dem Haag begab, in Berlin auf, und wir begegneten
uns in der Beurteilung der Aufgaben der Konferenz wie der besten Art, sie
zu einem für den europäischen Frieden nützlichen Ergebnis zu führen.
Ich war der Ansicht und vertrat sie mit Entschiedenheit gegenüber Seiner
Majestät, daß wir alles akzeptieren und begrüßten konnten, was ohne Ge-
fährdung unserer Sicherheit dem Weltfrieden nützte, und daß wir vermeiden
mußten, als diejenigen dazustehen, die sich den pazifistischen und liberalen
Bestrebungen anderer Mächte hemmend in den Weg stellten. So konnten
und mußten wir um so mehr operieren, alsin Wirklichkeit das deutsche Volk
weniger ehrgeizig und streitsüchtig war als das französische, weniger
herrschsüchtig und hart als das englische, und wo der Kaiser trotz mancher
rednerischer Entgleisungen und eines zu präpotenten Auftretens bei fest-
lichen Anlässen weder ein Autokrat noch gar ein Weltenstürmer war.
Auch bei diesem Anlaß ging das Bestreben Seiner Majestät leider dahin, den
Anschein zu erwecken, als ob er die Führung habe und jedenfalls an einem
eventuellen Erfolg mindestens ebensoviel Anteil wie Kaiser Nikolaus.
Friedens-
konferenz
im Haag