DIE ADLIGEN REGIMENTER 405
geeigneten Herrn von Goldschmidt-Rotbschild. Sein Vater hatte für philan-
thropische Bestrebungen stets eine offene Hand. Seine Großmutter, die
Baronin Willy Rothschild, die, wie ich glaube, dem neapolitanischen
Zweige des Hauses Rothschild entstammte, war eine sehr distinguierte
Dame, die mit meinen Eltern wie mit meiner Schwiegermutter nahe befreun-
det gewesen war. Wilhelm II. verehrte sie sehr. Der junge Mann war sicher,
in Paris und erst recht in London in allen Salons und Klubs gut aufgenom-
men zu werden. Er wußte, daß in Wien der Zutritt zu Hofe seiner Familie
durch besondere kaiserliche Verfügung gesichert war. In Deutschland auf-
gewachsen, wollte er aber bei uns in die Armee eintreten, was durchzusetzen
mir trotz aller Mühe nicht gelang. Ich attachierte ihn später der Botschaft
in London, wo er sich rasch eine gute Position machte. Übrigens muß ich
zugeben, daß sowohl die Kriegsminister wie der Generalstab in dieser
Beziehung nicht unvernünftig waren. Sie gaben mir auch darin recht, daß
mit der Kommandierung von Frontoffizieren zum persönlichen Dienst bei
deutschen Fürsten und Prinzen, mit Kommandanturen und Gouverneur-
posten manches gesündigt würde und Eugen Richter nicht ganz unrecht
hatte, wenn er nicht nur den berühmten ausgestopften Hauptmann vom
l. Garderegiment, sondern auch die allzu vielen militärischen Sinekuren
zum Gegenstand seiner Kritik im Reichstag machte. Es handelte sich hier,
wie bei der teilweisen Ausschließung der Bürgerlichen und allgemeinen
Ausschließung der Israeliten, um einen Schlendrian, dem gerade deshalb
schwer beizukommen war, weil er mehr auf eingewurzeltes Vorurteil als
auf bösen Willen einzelner Persönlichkeiten zurückzuführen war.
Dem Kaiser lagen Vorurteile in dieser Beziehung ganz fern. Er machte
zwischen adlig und bürgerlich auch in seiner Umgebung gar keinen Unter-
schied, und wenn bürgerliche Offiziere in den Adelsstand erhoben wurden,
so geschah es, weil solche Wünsche der Betreffenden immer wieder und sehr
dringend hervortraten. Antisemitische Velleitäten lagen dem Kaiser erst
recht fern, wie ich schon bei Besprechung der Differenzen ausführte, die
über die Kanalfrage zwischen Wilhelm II. und den von Graf Limburg-
Stirum geführten Konservativen spielten. Der Kaiser hatte nicht diejenigen
kavaliermäßigen Anschauungen, die bei uns unter den Upper ten thousand
ziemlich weit verbreitet waren. Unser damaliger Gesandter in Luxemburg,
späterer Gesandter in Hamburg und Reisebegleiter des Kaisers, endlich
Botschafter in Wien, Herr von Tschirschky, war mit einer Tochter eines
Budapester Fabrikbesitzers Stummer von Tavornok verheiratet, die von
väterlicher Seite wahrscheinlich, von mütterlicher sehr wahrscheinlich
jüdischer Abstammung war. Statt sich zu sagen, daß es für einen vernünf-
tigen Menschen keinen Unterschied macht, ob in den Adern seines durchaus
anständigen und dabei recht wohlhabenden Schwiegervaters magyarisches,