MONTS ALS BRIEFSCHREIBER 29
Geburtstag, ein Promemoria über rumänische Personalien überreicht, das
schloß: „Verzeihen Sie diese Zeilen, sie entspringen dem Wunsch, Ihnen bei
Ihrem Eintreffen in die immerhin nicht leichten rumänischen Verhältnisse
nach meinen schwachen Kräften einen kleinen Dienst zu leisten. Mit Nach-
sicht und Freundlichkeit nehmen Sie die Notiz und die besten Wünsche für
Ihre neue Stellung entgegen von Ihrem Ihnen aufrichtigst ergebenen
Anton Monts!“ Monts wußte in Bukarest Bescheid, wo er sich, ähnlich wie
in Wien und Pest, als Legationssekretär ziemlich unmöglich gemacht hatte.
Für meine Reflexionen am Semmering kamen nur einige Briefe in Be-
tracht, in denen dieser rührige und aufgeweckte Beobachter mich über die
zunehmenden Schwierigkeiten unterrichtete, mit denen unsere äußere
und innere Politik zu kämpfen hatte, nicht zuletzt durch die zunehmende
Neigung Wilhelms II. zu selbstherrlichem Eingreifen in den ordnungs-
mäßigen Gang der Geschäfte. Die Perspektive, die diese in ihrer Frische und
Unbefangenheit wirkungsvollen und einleuchtenden Briefe mir eröffneten,
war nicht erfreulich. Über die Verhältnisse in Österreich-Ungarn, das
in unserer politischen Rechnung einen starken Posten einnahm, seitdem
Fürst Bismarck 1879 den Anschluß an Österreich gesucht und ein Defensiv-
bündnis mit der habsburgischen Monarchie abgeschlossen hatte,
schrieb mir Monts am 16. November 1891 aus Budapest: „Verehrter
Gönner! Der Dualismus ist bei näherer Bekanntschaft das elendeste Mach-
werk, das je von leichtsinnigen Dilettanten geschaffen wurde. Wie lange
wird die Armee noch mühsam die Einheit repräsentieren? Was wird ein
Nachfolger, ohne die allgemeine Verehrung, die Franz Josef genießt, für
unüberwindliche Schwierigkeiten finden! Die Magyaren magyarisieren nur
die Deutschen und die Juden, gerade die Elemente, die sie im Reichs-
interesse nicht ihrer deutschen Sprache berauben sollten, und sind macht-
los gegen Rumänen, Kroaten und Slowaken. Erreichen die Magyaren ihr
Ziel, die Personal-Union, so ist das Auseinanderfallen Österreichs sicher.
Gleichzeitig aber schrumpft Ungarn auf die Hälfte seines Gebiets zusam-
men. Ob wir dann so stark sind, auf das restliche Österreich den für unsere
Selbsterhaltung nötigen Einfluß uns ohne direkte Angliederung dieses
katholischen Klotzes zu wahren und weiter uns auf Ungarn, Kroatien und
Siebenbürgen eine Ingerenz zu sichern, bezweifle ich. Und doch wären wir
allein zwischen den beiden Mühlsteinen, Frankreich und Rußland, verloren.
Schon jetzt ist das Zahlenverhältnis ein sehr ungünstiges. Auf Italien ist
ohnehin nicht zu rechnen und Frankreichs Armee allein der unseren der
Zahl nach überlegen. Wie Clausewitz aber sehr richtig deduziert, muß bei
sonst gleichen Bedingungen die Zahl entscheiden. Und wieviel müßten
wir an der Östgrenze, auch schon um der österreichischen Armee einen
moralischen Halt zu geben, zurücklassen! Wissen Sie übrigens, daß
Monts über
Österreich-
Ungarn