Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Fürst Max 
Egon von 
Fürstenberg 
542 DIE HÖFLINGE 
ungewöhnlichen Heftigkeit, er könne seinen höchsten Orden nicht „weg- 
werfen‘. Als ich darauf hinwies, daß dieser hohe Orden schon manchen 
Personen verliehen worden wäre, die weniger Anspruch darauf hätten als 
der Minister des Äußern einer Großmacht, meinte Seine Majestät, daß 
ich, immer nur von rein politischen Motiven beherrscht, für seine innersten, 
heiligsten Gefühle kein Verständnis hätte. Tschirschky verstände ihn 
besser; Tschirschky habe ihm noch vor einer Stunde erklärt, er hätte ganz 
recht, wenn er sich weigere, Lambsdorff den hoben Orden vom Schwarzen 
Adler zu geben. In diesem Moment tauchte Tschirschky nicht weit von uns 
wieder auf. Ich winkte ihn heran und fragte ihn, indem ich ihm scharf iin die 
Augen sah, ob er dem Kaiser von der Verleihung des Schwarzen Adler- 
ordens abgeraten habe. Tschirschky bekam einen feuerroten Kopf, aber 
er erwiderte nichts. Die Unterredung zwischen Seiner Majestät und mir 
dauerte noch geraume Zeit und endete damit, daß der Kaiser mir sagte, 
er würde seinen Vetter, Kollegen und Freund Nicky fragen, welchen preu- 
Bischen Orden er für Lambsdorff wünsche. Als ich später den alten Lucanus 
fragte, wie der Kaiser noch Vertrauen haben könne zu Herrn von Tschirschky, 
der doch auf einer flagranten Unwahrheit ertappt worden wäre, erwiderte 
mir der vielerfahrene Greis: „Tschirschky wird einfach dem Kaiser sagen, 
er wäre innerlich bei der Ansicht geblieben, daß Seine Majestät mit seiner 
Weigerung völlig im Recht sei. Der Kanzler wäre aber herrschsüchtig und 
nachträgerisch, deshalb habe er lavieren müssen.“ 
Zu meinem Befremden befand sich in der kaiserlichen Umgebung auch 
der Fürst Max Fürstenberg, mit dem ich übrigens damals gut stand. Er 
machte mir in jeder Weise den Hof. Als ich im Frühjahr 1901 kurze Zeit 
am Titisee im Schwarzwald weilte, Jud er mich und meine Frau auf sein 
schönes Schloß in Donaueschingen ein, wo er uns mit Liebenswürdigkeiten 
überhäufte. Diesen österreichischen Grandseigneur zu einer Begegnung mit 
dem russischen Kaiser mitzunehmen, war natürlich ein politischer Fehler. 
Ein mir seit Jahren befreundeter russischer Flügeladjutant sagte mir halb 
im Scherz, halb im Ernst: „Was würden Sie dazu sagen, wenn wir einen 
prominenten Franzosen mitgebracht hätten ?“ Wie alle Höflinge war Max 
Fürstenberg vor allem bemüht, Kaiser Wilhelm II. zu amüsieren. Er ließ 
sich jeden Morgen aus Wien den neuesten Börsenwitz telegraphieren, um 
diesen dem Kaiser beim ersten Frühstück vorzusetzen. Er küßte auch 
Seiner Majestät bei jeder Gelegenheit die Hand. Wieviel Unheil haben in 
monarchischen Staaten Höflinge angerichtet! Die Witze, mit denen die 
Günstlinge Wilhelms II. ihm die Zeit zu vertreiben suchten, haben poli- 
tisch manche schädliche Wirkung gehabt. Den Grund zu der ungünstigen, 
persiflierenden Beurteilung des Kronprinzen Viktor Emanuel von Italien und 
seiner Gattin, der späteren Königin Elena, hatten Philipp Eulenburg und
	        
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