Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

PARADEMARSCH IN BONN 57 
derselben „flammenden Entrüstung“ wie einst „die Drohnen im Staat“ 
zur Zielscheibe seiner Kritik machen. 
Mitte Juni 1902 wurde die goldene Hochzeit der Stadt Bonn mit dem 
Königshusaren-Regiment gefeiert, das nunmehr seit einem halben Jahr- 
hundert in der schönen Rheinstadt stand. Ich wollte nicht fehlen an diesem 
Ehrentag meines Regiments, an dem ich mit ganzem Herzen hing. Einer 
Einladung des Feldmarschalls von Lo& folgend, stieg ich bei ihm ab. Er 
hatte sich nach seinem Rücktritt als Gouverneur von Berlin ein kleines 
Häuschen in der Stadt gekauft, die recht eigentlich seine Heimat war, und 
in dem noch 1922, bald neunzigjährig, seine Witwe lebte, eine Schwester des 
langjährigen Oberpräsidenten von Schlesien, des Fürsten Hermann Hatz- 
feldt und der schönen Fürstin Elisabeth Carolath. Am Siebzehnten früh 
trafen die Majestäten, von mir begleitet, in Bonn ein. Das Regiment stand 
in Parade auf der Hofgartenwiese, Front nach dem Rhein, das Trompeter- 
korps im Haken, Front nach der Universität. Dem Regiment gegenüber 
die Vereine ehemaliger Königshusaren. Um 11 Uhr erschien auf einem 
herrlichen dunklen Schimmel der Kaiser, gefolgt vom Kronprinzen. Er 
ritt die Front des Regiments ab und hielt eine gute Ansprache an die 
Husaren. Beim Parademarsch in Zügen führten der Feldmarschall von 
Lo&ö und der Schwager des Kaisers, der Prinz Adolf von Schaumburg-Lippe, 
der früher im Regiment gestanden hatte, dieses vorbei. Während sich das 
Regiment zum Vorbeimarsch in Eskadronsfront formierte, ritt der Kaiser, 
in dessen Suite ich zu Pferde hielt, auf mich zu und sagte mir, daß er mich 
zum Obersten ä la suite der Armee mit der Uniform meines alten Regiments 
ernenne. Ich war zur Parade als Rittmeister der Reserve erschienen. 
Gleichzeitig forderte Seine Majestät mich auf, beim zweiten Vorbeimarsch 
des Regiments ebenfalls vor der Front des Regiments zu reiten. Dann setzte 
sich der Kaiser mit Lo@ und mir vor die Standarten-Eskadron und führte 
das Regiment zur Sternkorpskaserne, wo ich gerade einunddreißig Jahre 
früher eingekleidet worden war und Pferde gestriegelt hatte. Beim Früh- 
stück im Kasino, wo ich so manches Mal als Leutnant meinen Schoppen 
Moselwein getrunken hatte, erwiderte der Kaiser auf die Huldigungsworte 
des Kommandeurs, des Oberstleutnants von Hertzberg: es gebe wenige 
Regimenter, vor deren Front drei Offiziere mit dem Schwarzen Adlerorden 
reiten könnten. Das Königshusaren-Regiment wäre eine der ersten 
Pflanzschulen der Armee für hervorragende Offiziere und Generäle nicht 
allein, sondern auch für große Staatsmänner, und er empfände Freude 
darüber, daß der Reichskanzler aus diesem schönen Regiment hervor- 
gegangen sei. 
Am Nachmittage machte ich mit alten Kriegskameraden einen langen 
Spaziergang an dem ruhig fließenden Rhein und dachte vergangener 
37 BulowI 
Regiments- 
Jubiläum 
in Bonn
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.