Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

DIE PERSÖNLICHEN KUNDGEBUNGEN 597 
Erzbischof von Bamberg zu werden. Dem stand leider im Wege, daß er in 
dem Ruf stand, zu großes Gefallen an den weiblichen Hilfskräften der von 
ihm frequentierten Wirtschaften zu finden. Nun hat Horaz bekanntlich 
gesungen: 
Ne sit ancillae tibi amor pudori 
Xanthia Phoceu. 
Aber was für den lockeren Zögling der Kamönen zutraf, das paßte sich 
nicht für einen Prälaten. Schädler gab darum nicht die Hoffnung auf, den 
Bischofsstuhl der Stadt zu besteigen, wo Heinrich der Heilige und die 
fromme Kunigunde ruhen. Zu diesem Zweck machte er dem Reichskanzler 
Hohenlohe eifrig den Hof, der als Altersgenosse und langjähriger Freund des 
Prinzregenten Luitpold Einfluß auf diesen besaß. Als die Gemahlin des 
Fürsten Chlodwig Hohenlohe, die Fürstin Marie Hohenlohe, starb, erbot 
sich der Domdekan Schädler, ihr die Leichenpredigt zu halten. Diese war 
sehr schön und sehr schwungvoll. Schädler erinnerte an den Wappen- 
spruch des Hauses Hohenlohe „Ex flammis orior“. Wie der Phönix aus der 
Flamme, werde die Fürstin Marie aus dem Grabe emporsteigen, ihr hoher 
Gemahl aber möge sich sagen, daß er auch die schwerste Prüfung über- 
winden müsse für das deutsche Volk, dessen Stütze und Hoffnung er wäre, 
für alle Wohlgesinnten, die vertrauensvoll zu ihm emporblicken. Als nun 
kaum vier Jahre später der greise Fürst seiner Gemahlin in den Tod folgte, 
baten die Kinder, die sehr an ihren Eltern hingen und von der ersten Lei- 
chenrede des Domdekans Schädler sehr erbaut gewesen waren, ihn, auch 
dem Vater den Leichensermon zu halten. Schädler entzog sich nicht ihrem 
Wunsch, hielt aber eine Leichenpredigt, die mehr eine Strafpredigt war. 
Er hatte nichts mehr von dem Fürsten Chlodwig zu erwarten, so rückte er 
ihm denn alle seine Sünden vor, namentlich aber die ablehnende Haltung, 
deren sich der alte Fürst zweiunddreißig Jahre früher gegenüber dem 
Unfehlbarkeitsdogma schuldiggemacht hatte. Nicht das Paradies, sondern 
das Fegefeuer wurde ihm in Aussicht gestellt. Schließlich ist, nebenbei 
gesagt, Schädler gestorben, ohne Erzbischof von Bamberg zu werden. Als 
ersich am 19. Januar 1903 breit und übermütig auf der Tribüne des Reichs- 
tags aufpflanzte, sagte mir der bayrische Gesandte, Graf Hugo Lerchenfeld, 
mit der Derbheit seines kernigen Stammes: „So einen nennen wir bei uns 
in Bayern einen Saupfaffen.“ 
In meiner Antwort auf die Angriffe von Schädler, die deshalb weniger 
Eindruck machten, weil seine Entrüstung sichtlich gespielt war, entwickelte 
ich zum erstenmal meine Stellung hinsichtlich der Reden, Äußerungen und 
Handlungen des Kaisers*. Ich wies darauf hin, daß die durch die Gegen- 
*“ Fürst Bülows Reden, Große Ausgabe I, S. 385; Kleine Ausgabe II, S. 197. 
Erklärungen 
Bülows zu der 
Depesche
	        
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