Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Erster Band. Vom Staatsseketariat bis zur Marokko-Krise. (1)

Fürst Wedel 
Botschafter 
in Wien 
Monıs 
Botschafter 
in Rom 
606 WEDELS LANGENSALZA-MEDAILLE 
Prozeßafläre hat durch den plötzlichen Tod Piersons einen höchst merk- 
würdigen Abschluß gefunden. Ob Pierson in den Himmel oder in die Hölle 
kommen wird, weiß nur Gott, der ihn abberufen hat. Von ganzem 
Herzen danke ich Dir für Deine Hilfe! Wie soll ich Dir überhaupt noch 
danken, mein geliebter guter Bernhard? Gott wird es Dir einst vergelten, 
da ich es doch nur so gering vermag.“ Übrigens war Phili eine Stehauf- 
Natur. An seiner Absicht, seinen Wiener Posten aufzugeben, hielt er hart- 
näckig fest. Seine Beziehungen zu Seiner Majestät aber blieben die alten. 
Zu seiner silbernen Hochzeit telegraphierte ihm Seine Majestät: „Der Herr 
erhalte Dich dem Vaterlande, mir meinen treuen Freund und Dir die herr- 
liche Gattin und vortrefflichen lieben Kinder.“ 
Als der gegebene Nachfolger für Eulenburg in Wien erschien mir der 
Botschafter in Rom, der Graf, spätere Fürst Karl Wedel, der zur Zeit des 
Fürsten Bismarck Militärattache in Wien gewesen war. Der Kaiser akzep- 
tierte diesen Vorschlag. Karl Wedel war einer der tüchtigsten, lautersten und 
im besten Sinne vornehmsten Männer, denen ich begegnet bin. Ein echter 
Ostfriese in seiner Wahrheitsliebe und seiner aufrechten, ritterlichen Ge- 
sinnung. Er stammte aus der hannöverschen ‘Armee, in deren Reihen er 
Langensalza mitgemacht hatte. Holstein, der ihn nicht mochte, benutzte 
das zu gelegentlichen Verdächtigungen. „Ein Mann mit der Langensalza- 
Medaille kann unmöglich preußischer Botschafter werden.“ Ich ließ mich 
durch derartige Quertreibereien natürlich nicht irremachen. Ich gedachte 
der schönen Worte, die in wahrhaft königlicher Art Wilhelm I. an einen 
Offizier aus urhannöverscher Familie richtete, der sich am Vorabend der 
Schlacht von Gravelotte mit einem kleinen Detachement als Schutzwache 
des königlichen Zeltes für die Nacht bei ihm meldete. Als der alte König 
auf der Brust des betreffenden Offiziers die Langensalza-Medaille erblickte, 
sagte er zu ihm: „Ich sehe, daß Sie Hannoveraner sind und Ihre Pflicht 
als hannöverscher Offizier erfüllt haben. Ich stelle mich doppelt gern unter 
Ihren Schutz.“ 
Wedel hatte sich gerade in Rom durch seine offene Art große Achtung 
und viele Sympathien erworben. Zu seinem Nachfolger wählte ich den 
Grafen Monts. Das war ein arger Mißgriff. Gewiß habe ich mich zu dieser 
Wahl nicht durch die Schmeicheleien und Huldigungen verleiten lassen, 
die mir Monts seit vielen Jahren mit unermüdlichem Eifer entgegenbrachte. 
Seine Lobhudeleien berührten mich gerade durch ihre Übertreibungen un- 
angenehm. Ich wählte Monts, weil ich glaubte, daß seine lebendige, witzige 
Art und seine damals eher demokratische politische Richtung ihm seine 
Aufgabe in Rom erleichtern würden. Als ich mit dem italienischen Bot- 
schafter Lanza von meiner Absicht sprach, Monts nach Rom zu schicken, 
bat er mich dringend, davon abzusehen, Monts sei in der ganzen euro-
	        
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