WILHELM II. UND DIE HERZOGIN VON HOUENBERG 625
hielt und nach Überwindung großer Schwierigkeiten die Heirat durch-
setzte. Seitdem war das Verhältnis zwischen der zur Herzogin von Hohen-
berg erhobenen Sophie Chotek und der Erzherzogin Friedrich sehr gespannt.
Die Erzherzogin hatte den Jagdaufenthalt des Kaisers benutzt, um den so
leicht zu beeinflussenden Monarchen gegen morganatische Heiraten im
allgemeinen und gegen die Ehe des Erzherzogs Ferdinand im besonderen
aufzuhetzen. Der Kaiser empfing mich in Wiener-Neustadt sofort mit den
Worten: „VonderFrau von Franz Ferdinand nehme ich natürlich gar keine
Notiz.“ Dann begab er sich mit mir und dem Botschafter Karl Wedel in
seinen Salonwagen. Wedel bekämpfte die unfreundlichen Absichten Seiner
Majestät mit Bezug auf die Gemahlin des österreichischen Thronfolgers
mit verständigen, etwas gründlich und breit vorgebrachten Argumenten,
erweckte damit aber nur den immer gereizteren Widerspruch Seiner Ma-
jestät. Der Kaiser rief schließlich aus: „Wenn ich hier nachgebe, erlebe ich
noch, daß auch meine Söhne Hofdamen oder vielleicht auch Kammerjungfern
heiraten.“ Der letztere Fall ist, Gott sei Dank, nicht eingetreten, wohl aber
der erstere, denn der fünfte Sohn des Kaisers, Prinz Oskar, heiratete zehn
Jahre später die anmutige Gräfin Ina Bassewitz, die von Seiner Majestät
schließlich noch zur Prinzeß von Preußen erhoben wurde und ihren ver-
ständigen und trefllichen Gemahl sehr glücklich macht. Freilich gab Wil-
helm II. nur ungern seine Zustimmung. Als endlich im königlichen Schloß
das Verlobungsfrühstück stattfand, empfing der Kaiser den Vater, den
mecklenburgischen Ministerpräsidenten Graf Bassewitz-Levetzow, mit den
unmutigen Worten: „Sehr erwünscht ist mir diese Heirat nicht.“ Mit
mecklenburgischem Phlegma erwiderte der Vater trocken und würdig:
„Mir erst recht nicht.‘“ Damals waren wir aber noch nicht so weit. Da ich
wußte, daß der Kaiser mir in Gegenwart eines Dritten nicht nachgeben
würde, so forderte ich Wedel leise auf, unter irgendeinem Vorwand das
Coupe zu verlassen. Wir fuhren inzwischen an Baden vorbei. Ich sagte dem
Kaiser, daß ich der letzte wäre, unser Schicksal ganz und endgültig an
Österreich zu knüpfen. Aber aus persönlichen und rein theoretischen
Gründen uns den künftigen Kaiser von Österreich zum Feinde zu machen,
hätten wir keinen Grund. Während der Kaiser noch heftig protestierte,
passierten wir Mödling. „Eure Majestät“, sagte ich dringlicher werdend,
„sind doch nicht zum Hüter der Ebenbürtigkeit in der ganzen Welt und
speziell in Österreich bestellt, sondern Sie haben nur die deutschen Inter-
essen zu wahren. Diese werden durch eine Brüskierung des österreichischen
Thronfolgers zweifellos und schwer verletzt.“ Noch immer widersetzte sich
der Kaiser. Der Zug fuhr in die Wiener Bahnhofshalle ein. Wir erblickten
aus dem Fenster die grünen österreichischen Federbüsche, wir hörten schon
die Klänge des „Heil dir im Siegerkranz“, als ich an den Kaiser einen letzten
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