Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

Der Prinz von 
Wales gegen 
antideutsche 
Agilation 
158 DIE ENGLISCHE PRESSE MALIZIÖS 
hieß, wurde in Olav umgetauft. König Oskar von Schweden, der während 
seiner langen Regierung mehr nach dem Lorbeer des Dichters als nach dem 
des Monarchen gestrebt hatte, empfand den Abfall der Norweger sehr 
bitter. Als er mir bei seiner Durchreise durch Berlin davon sprach, wurde 
er von einem Weinkrampf überwältigt und fiel mir schluchzend um den 
Hals. Ich sah keinen Anlaß, in diesem skandinavischen Zwist, nachdem die 
Trennung erfolgt war, Partei zu ergreifen. Als König Haakon VII. am 
25. November 1905 in Christiania landete, wurde er auf meinen Vorschlag 
nicht nur von englischen, sondern auch von deutschen Kriegsschiffen 
begleitet, und Prinz Heinrich von Preußen, der Bruder Seiner Majestät, 
wohnte den Feierlichkeiten der Thronbesteigung bei. 
Wenn die Sprache der englischen Presse während des ganzen Jahres 
1905 im allgemeinen recht unfreundlich gewesen war, die Haltung des 
Königs Eduard, gelinde gesagt, undurchsichtig und maliziös, so waren 
jenseits des Kanals doch auch vernünftige Stimmen laut geworden. Als ein 
toll gewordener englischer Seeofhzier, der Vizeadmiral a. D. Fitzgerald, 
noch dazu in der „Deutschen Revue“ auseinandersetzte, ein baldiger 
Krieg zwischen England und Deutschland sei unvermeidlich, wenn Deutsch- 
land seine Flotte weiter verstärke, wurde dieser Ausfall von der großen 
Mehrheit der englischen Presse zum Teil mit Schärfe abgelehnt. Erfreulich 
war und gute Hoffnungen für die Zukunft erweckte die ruhige Sprache 
und Haltung des damaligen Prinzen von Wales, des nachmaligen Königs 
Georg V. Darüber schrieb mir der Botschafter Metternich: „Ich hahe gestern 
bei König Eduard diniert und saß neben dem Prinzen von Wales. Der 
Prinz besprach mit mir die Arthur Leesche Rede, die er als eine Ungeschick- 
lichkeit ohne böse Absicht hinstellte. Er verwies den Gedanken kriegerischer 
Absichten Englands gegen Deutschland in das Gebiet der Fabel und sprach 
sich sehr heftig gegen die Zeitungen im allgemeinen und besonders gegen 
die ‚Times‘ aus. Die Verhetzungen dieses Blattes wären unerhört. Die 
hiesige Regierung sei diesem Treiben gegenüber aber machtlos. Er könne 
nicht verstehen, wie man in Deutschland an kriegerische Absichten Eng- 
lands habe glauben können. A rotten paper, wie die ‚Army and Navy 
Gazette‘, habe gar nichts zu bedeuten, ebensowenig wie das sogenannte 
‚Court Journal‘, das außer seinem selbstverliehenen hochtrabenden Namen 
mit dem hiesigen Hofe nicht mehr zu tun habe wie die ‚Daily Mail‘. Kriege- 
rische Verwicklungen zwischen England und Deutschland seien so sehr 
gegen das Interesse der beiden Völker und gegen den gesunden Menschen- 
verstand, daß er für seine Person es ausgeschlossen halte, daß es jemals 
dazu kommen könne. Das größte Unglück, das die Welt treffen könne, sei, 
seiner Ansicht nach, ein Krieg zwischen England und Frankreich oder 
zwischen England und Deutschland oder zwischen Deutschland und
	        
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