Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

174 DAS FRANZÖSISCH DER FRAU WITTE 
Benckendorff als Mazurka-Tänzer erworben hätte. Jetzt wäre es die engli- 
sche Regierung, welche die Aufgabe übernommen habe, Benckendorff 
finanziell über Wasser zu halten. „Il se fait payer par l’Angleterre.‘“ Die 
Bemerkung Eulenburgs, daß Kaiser Wilhelm ‚„‚meist die Werte zu hoch ein- 
schätze“, war zutreffend. In vorliegendem Fall war freilich Eulenburg 
selbst in diesen Fehler verfallen. In seinen Memoiren erzählt Witte in 
direktem Gegensatz zu den Äußerungen Seiner Majestät und den Mittei- 
lungen Eulenburgs, daß ihm Kaiser Wilbelm den Text des Vertrages von 
Björkö habe zeigen wollen, er hätte dieses Anerbieten aber abgelehnt und 
dem Kaiser nur gesagt, daß dessen Worte ihn mit Freude erfüllten. Als er 
später von Lambsdorff den genauen Wortlaut des Vertrages erfahren hätte, 
sei er entsetzt gewesen. Es ist wohl zweifellos, daß auch Witte trotz seines 
Wunsches, wenn möglic,h ein festländisches Bündnis zwischen Deutschland, 
Rußland und Frankreich zu erreichen, jedenfalls aber mit Deutschland 
Frieden und Freundschaft aufrechtzuerhalten, die Überrumplung von 
Björkö mißbilligte und beklagte. Er hat sich ebenso wie Lambsdorff be- 
müht, den Zaren zum Abspringen von diesem Vertrage zu bewegen, 
Lambsdorff in giftigerer Weise, Witte offener und rücksichtsloser. 
Ein bezeichnendes Licht auf russische Zustände warf ein Brief, den die 
Gräfin Witte in jenen Wochen an Herrn Ernst Mendelssohn richtete und 
in dem sie unsere Vermittlung erbat, damit ihr Mann russischer Botschafter 
in Paris würde. Sie schrieb in einem seltsamen Französisch, mit origineller 
Orthographie und mit einiger Naivität an den großen Berliner Bankier, 
der die russischen Anleihen vermittelte: „Cher Monsieur Mendelsohn, 
voila je m’adresse a Vous de nouveau avec une grande pri£re, voilä en quoi 
elle consiste. Maintenant dans quelques semaines viendra le jour oü on 
proposera a mon mari toute sorte des postes en Russie. Vue la sante de mon 
mari et la position int@rieure de la Russie pour lui ce serait tout bonnement 
un malheur de se fourrer dans toute cette affaire. D’un autre cötE vu que 
maintenant le poste d’Ambassadeur en France devient non seulement pour 
la Russie mais au plus forte raison tr&s grave aussi pour l’Allemagne ce 
serait un vrai bonheur pour nous si l’Empereur nomme mon marie Ambassa- 
deur a Paris. Je sais que l’Empereur est m&content de Nelidoff et Sa Ma- 
jest€ trouve lui-m&me vu les circonstances qu’il faut nommer une personne 
qui a des autres vues. Vous nous ferez, cher Monsieur Mendelsohn, un 
veritable service d’ami si Vous insinuerez cette idee & Sa Majeste Votre 
Empereur. Nous sommes sür que Votre Empereur trouvera cette idte 
magnifique et si Il insiste sur cette id&e chez notre Empereur, notre Empe- 
reur consentira, mais seulement il ne faut pas perdre du temps. 
Je vous serai trös reconnaissant si vous trouvez le moyen de me faire sa- 
voir le resultat de Vos d&marches. J’espere que vous ne m’en voudrez pas
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.