XX. KAPITEL
Gegenbesuch Wilhelms TI. am dänischen Ilofe « Die Nordmark + Stellung der Kaiserin
zu Dänemark « Vorgänge vor der Kaiserreise nach Euglund « Festmahl in Windsor
(12. XI. 1907) » Stimmung Wilbeims Il. in IHigbeliffe » Der Prozeß Moltke-IMurden
im Reichstag +» Beginn der Tragödie des Fürsten Eulenburg - Die romantische Heirat der
Komtesre Augusta Euleuburg + Brief Eulenburgs an deu Kaiser « FEuleuburg nimnit trotz
Abmahnung seiner Freunde am Ordensfest teil » Kaiserliche Order vom 31. V. 1907 über
Erledigung des Falles Eulenburg »- Bülows Prozeß gegen den „Schriftsteller“ Brand » Das
° Meineideverfahren gegen Eulenburg
Im Juni 1907 erwiderte der Kaiser mit der Kaiserin dem neuen König
von Dänemark, Friedrich VIII., den ihm von diesem nicht lange vorher in
Berlin abgestatteten Besuch. Ich hatte einige Monate früher mit Däuemark
einen Vertrag abgeschlossen, nach dem die bisher staatenlosen Optanten-
kinder auf ihren Antrag in jedem der beiden Staaten die Staatsangehörig-
keit erhalten konnten. Dieser „Optantenvertrag“ war in Dänemark durch-
weg günstig beurteilt worden. Das dänische Regierungsblatt bezeichnete
ihn als das bedeutungsvollste Ereignis in der Geschichte der Beziehungen
zwischen Dänemark und Deutschland seit 1864, lobte den „redlichen Willen“
der deutschen Regierung und drückte die Hoffnung aus, daß dieser Vertrag
eine Scheide zwischen Vergangenheit und Zukunft werden würde. Ich habe
nie die Illusionen des Kaisers geteilt, der immer wieder hoffte, Dänemark
für einen ganz engen Anschluß an Deutschland oder wenigstens für ein
Bündnis mit Deutschland gewinnen zu können. Ich habe auch Tirpitz, der
im Interesse seiner Seepolitik Dänemark möglichst an uns heranziehen
wollte, nicht verhehlt, daß korrekte Beziehungen ohne Hintergedanken
auf dänischer Seite das Äußerste wären, was wir erreichen könnten. Das aber
wäre bei verständiger Behandlung der dänischen Nordschleswiger aller-
dings möglich.
Ich habe die Nationalitätenverbältnissein Nordschleswig immer anders
beurteilt als den Kampf um die Ostmark. „Il faut donner ä toute chose sa
juste valeur‘“, war eine von mir gern zitierte Lieblingswendung des weisen
Minghetti. Im Osten handelte es sich um den Schutz der Wurzeln des
preußischen Staats, um die Erhaltung lebenswichtiger Bestandteile des
Deutschen Reichs. Fortschritte der polnischen Propaganda bedeuteten die
Reise des
Kaisers nach
Kopenhagen