Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Zweiter Band. Von der Marokko-Krise bis zum Abschied. (2)

390 DAS BEFINDEN VON S.M. BESSERT SICH 
von Kracht, ein Veteran von Siebzig und Ehrenbürger der Stadt Zerbst, 
schickte mir eine Postkarte mit dem Bilde einer alten preußischen Fahne, 
die einer seiner Vorfahren geführt hätte. Er fügte hinzu, daß in seinen 
Kreisen nur eine Stimme der Genugtuung herrsche, daß ich weiter an der 
Spitze bliebe. Ein alter würdiger Pfarrer aus Unterfranken dankte mir für 
die Mannestat, die ich im Reichstag wie im Neuen Palais unter Zurück- 
stellung persönlicher Interessen zum ‚„‚Wohl des Vaterlandes‘ vollbracht 
und für das „unermeßliche Verdienst“, das ich mir dadurch um Volk und 
Monarchie erworben hätte. Er fügte hinzu: „Mein Christenglaube, der mich 
in dem Herrn aller Herren und König aller Könige den Lenker unserer 
Geschicke erkennen läßt, möchte Dank und Wunsch an Eure Durchlaucht 
in die Worte fassen: Der Herr segne Ihr ferneres Wirken zum Wohl des 
deutschen Vaterlandes und gebe Seiner Majestät dem Kaiser und Eurer 
Durchlaucht Kraft und Weisheit zu allem löblichen Tun.“ Ein deutscher 
Professor aus der national alt- und vielumstrittenen Stadt Flensburg 
schrieb: „Aus dem schwarzen Tag wurde ein großer Tag, vielleicht Ihr 
größter. Zu den Hunderttausenden, die in Dankbarkeit und Bewunderung 
heute abend zu dem Staatsmann und Menschen aufschauen, gehöre auch 
ich mit Frau und Kindern. Im Geiste ist mir ein Händedruck erlaubt.“ 
Aus dem Rheinland schrieb mir ein anderer Professor: „Möge Ihnen die 
feste Zuversicht nicht fehlen, daß dasjenige, was Sie für Deutschland ge- 
leistet haben und leisten wollen, überall von verständigen Männern nicht 
nur der Jetztzeit, sondern auch in der späteren Geschichte gewürdigt 
werden wird. Möge die Gottheit Sie schützen!“ Er unterzeichnete: „Ein 
Deutscher, abseits der Bierbänke und der Parteien, fern allem Byzantinis- 
mus, voll einer hohen und von Lüge und Äußerlichkeit völlig freien 
Achtung.“ 
Während sich der Sturm der tiefgehenden Erregung im deutschen Volk 
allmählich beruhigte, besserte sich auch das körperliche Befinden Seiner 
Majestät. Am Tage nach der Rathausfeier ließ er mir noch telephonieren, 
ich möge ihm keine anderen Eingänge unterbreiten als solche, die auf seine 
Villa Achilleion in Korfu Bezug hätten. Von Politik wolle er nie wieder 
etwas hören. Einige Tage später schrieb mir Graf August Eulenburg, der 
Kaiser sei schon wieder recht munter, er spiele ganz vergnügt mit seinen 
Teckeln. In dieser Beziehung konnte ich den Kaiser ganz verstehen. Ich 
mag alle Tiere, ich liebe außer den Pferden besonders die Hunde und unter 
den Hunden neben dem Pudel die Teckel. Sie sind seit dem Beginn meiner 
glücklichen Ehe immer um mich gewesen. In St. Petersburg die kleine Erda, 
die wir in der Mochowaja begruben, wo sie schlief, während sich das 
zaristische Rußland in die Sowjet-Union verwandelte. Nach Bukarest und 
Rom begleitete uns Waldi I, der seine letzte Ruhestätte im Garten des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.