Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Dritter Band. Weltkrieg und Zusammenbruch. (3)

DIE ERREGTEN WOGEN 19 
veranlaßt haben, Seine Majestät den Kaiserund König um die Entlassung aus 
Ihren Ämtern und damit auch aus dem Präsidium im königlichen Staats- 
ministerium zu bitten, und wir beklagen es aufrichtig, daß sich in Ihr 
Scheiden ein nur zu berechtigtes Gefühl der Bitterkeit mischt. Aber Eure 
Durchlaucht teilen dies Geschick mit den meisten, vielleicht mit allen 
großen Staatsmännern. Und wie Eure Durchlaucht stets in allen staatlichen 
und politischen Geschehnissen mit scharfem Blick die großen bestimmenden 
Umrißlinien erkannt haben, so werden auch in der Erinnerung Eurer 
Durchlaucht die Erfolge, die Sie erzielt haben, das Bleibende sein, das 
Ihnen niemand rauben kann. Das kleine Gewölk wird schnell von der Sonne 
verzehrt werden. Das königliche Staatsministerium ist stolz darauf, unter 
Eurer Durchlaucht Präsidium an den großen Aufgaben mitgewirkt zu 
haben, die Sie zu gutem Ende geführt haben. Für Preußen brauche ich bloß 
die Worte: Wasserstraßengesctz, Schulgesetzgebung, Ostmarkenpolitik, 
Berggesetzgebung, Beamtenfürsorge auszusprechen, um die zum Teil unter 
harten Kämpfen erstrittenen Fortschritte zu bezeichnen, die sich dauernd 
an Eurer Durchlaucht Namen knüpfen werden. Und Hand in Hand hiermit 
geht Ihr Schaffen im Reich, das uns in der Stärkung von Heer und Marine, 
in der Kolonialpolitik, in der Schaffung neuer Grundlagen für unsere 
handelspolitischen Beziehungen, in der sozialen Gesetzgebung und vor 
allem in der Leitung unserer auswärtigen Politik glänzende Erfolge gebracht 
hat. Eurer Durchlaucht amtliche Laufbahn ist überall durch Taten 
bezeichnet, ist so schaffensreich gewesen wie die weniger Staatsmänner. 
Und eine Tat war es schließlich — vielleicht nicht die geringste —, die nur 
der geschickten Hand Eurer Durchlaucht gelingen konnte, daß Sie weite 
Kreise unseres Volkes, die bis dahin von der politischen Negation lebten, 
zu positiver Mitarbeit gewonnen und damit die Basis unseres politischen 
Lebens verbreitert haben. Die Schwankung, die jetzt eingetreten ist, ist 
nur eine augenblickliche. Die erregten Wogen haben Schmutz und Schlamm 
aufgewühlt und an die Oberfläche getragen. Der Strom selbst wird ruhig 
weiterziehen. Das ist ja gerade das Charakteristische an Eurer Durchlaucht 
Arbeit, daß sie nicht Augenblickstaten und Augenblickserfolge bedeutete, 
sondern in die Ferne weist und wirkt. Die Geschichte und auch die Öffent- 
lichkeit wird das erkennen. Wir tun es schon heute. Wir danken Eurer 
Durchlaucht für die Arbeit, die Sie im Dienste von Kaiser und Reich, von 
König und Vaterland geleistet, wir danken auch für die stets unveränderte 
Freundlichkeit, mit der Eure Durchlaucht uns die Mitarbeit gestattet und 
erleichtert haben. Mit unseren herzlichsten Abschiedsgrüßen verbinden wir 
die Hoffnung, daß die gemeinsame Arbeit mit dem königlichen Staats- 
ministerium einen hellen und lichten Punkt in Eurer Durchlaucht Er- 
innerungen bilden möge.“ 
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