In Bonn
Bodo von dem
Knesebeck
136 DER ROTE SCHRECKENSTEIN
zurückzukommen. Ich selbst fuhr von Köln nach Bonn, wo ich im Gasthof
zum Stern abstieg. Bis spät nach Mitternacht hörte ich die Studenten auf
dem Marktplatz die „Wacht am Rhein“ singen. In gehobener Stimmung,
berauscht von den Eindrücken dieses Tages, schlief ich ein.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hingen mir nicht mehr so viele
Geigen am Himmel. Ich kannte keinen Menschen in Bonn. Wie, wo, wann,
bei wem sollte ich mich melden? Würde man mich fragen, ob ich die Ein-
willigung meines Vaters hätte? Die Geldsumme, die ich nach Oeynhausen
mitgenommen hatte, war ziemlich verbraucht. Wie sollte ich ohne meinen
Vater das zur ersten Equipierung notwendige Geld bekommen? Würden
die Militärärzte mein Halsleiden entdecken? Das alles lag im Dunkeln. Da
fiel mir ein, daß in Bonn beim Husaren-Regiment ein Fähnrich stand, dessen
Bekanntschaft ich zwei Jahre früher in Lausanne gemacht hatte. Ich hatte
ihn damals nicht viel gesehen, aber eine gute Erinnerung an sein feines,
stilles, kluges Wesen behalten. Er hieß Bodo von dem Knesebeck und
war ein Sohn des letzten hannoverschen Gesandten in Wien. Er war auch
das Patenkind des Freiherrn Bodo von Stockhausen, des Gatten meiner
Tante Klothilde Baudissin, des Vaters der von mir, leider nur aus weiter
Ferne und in meinen Träumen, angebeteten Elisabeth Herzogenberg. Ich
hatte gelegentlich gehört, daß Bodo Knesebeck bei dem Königshusaren-
Regiment in Bonn stünde. Ich beschloß, ihn aufzusuchen. Er empfing mich
in seiner Fähnrichswohnung mit der Ruhe und Freundlichkeit, die ihm
auch später eigen blieben, als er am kaiserlichen Hof als Vize-Ober-
zeremonienmeister und Introducteur du Corps diplomatique fungierte und
gleichzeitig der Kaiserin Auguste Viktoria als Kabinettsrat wertvolle
Dienste leistete. Der Regimentskommandeur, Oberst Freiherr von Lo&,
meinte Knesebeck, sei jetzt derartig in Anspruch genommen, daß er mich
schwerlich empfangen würde. Ich möge mein Glück bei dem Major von
Schreckenstein versuchen, der mit der Führung der Ersatz-Eskadron
beauftragt sei.
Ich machte mich sogleich auf den Weg. Max Freiherr von Schreckenstein
wurde in der Armee wegen seiner rotblonden Haare der rote Schreckenstein
genannt, dagegen führte sein schwarzlockiger Bruder, der spätere Hof-
marschall des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen, den Beinamen der
schwarze Schreckenstein. Max Schreckenstein war ein Offizier, der auf eine
glänzende Karriere zurückblickte. Sohn eines Generals der Kavallerie,
Kommandierenden Generals des 7. Armeekorps und verdienten Kriegs-
ministers und einer Gräfin von Hatzfeldt-Trachenberg, war er jung zu
manchem interessanten Kommando gekommen. Er hatte schon 1849 in
Schleswig gefochten, war zwei Jahre später, bald nach dem Staatsstreich
vom 2. Dezember 1851, dem General von Hirschfeld bei dessen Mission