VOR METZ 147
nachdem ich ihn gelesen habe, sofort und für immer vergessen. Ich erinnere
mich nur noch der Dienste, die Sie der Armee, dem Vaterlande und mir
in diesem Kriege geleistet haben.“ Seinen Dank stattete Blumenthal dem
edlen Herrn 1870 ab, bei Weißenburg und Wörth und im ganzen übrigen
Verlaufe des Krieges. Eine der ersten Handlungen des Kaisers Friedrich,
als er 1888 todkrank den Thron bestieg, war, daß er Blumenthal zum
Generalfeldmarschall ernannte.
An demselben 6. August, an dem die Franzosen bei Wörth geschlagen
wurden, erstürmten die Deutschen die steile Höhe von Spichern. Hier fiel
auf halber Höhe, an der Spitze der 27. Infanteriebrigade der General Bruno
von Francois, ein Granatschuß riß ihm den Unterleib auf. Sein Adjutant
frug den Sterbenden, ob er nicht entsetzlich leide. Der General warf einen
Blick auf die Kolonnen, die mit wehenden Fahnen, mit Musik, mit Hurra
und Helme schwenkend den Berg heraufstürmten. „Ich leide gar nicht“,
erwiderte der sterbende General seinem Adjutanten, „denn ich sehe, daß
das Gefecht vorwärtsgeht.‘“ Auch der Name des Generals von Francois lebt,
wie der des Majors von Kaisenberg, für alle Zeiten fort in der deutschen
Geschichte.
Die Herzen der jungen Kriegsfreiwilligen in Bonn klopften höher, wenn
sie von solchem Heldentum hörten. Mit unserer Begeisterung wuchs be-
greiflicherweise unsere Ungeduld, an die Front zu kommen. Wir waren alle
kreuzunglücklich, daß wir noch nicht im Feuer gewesen waren. Es wurde
uns aber auf unsere wiederholten Bitten und Reklamationen der uns sehr
betrübende Bescheid, daß Husaren drei Monate in der Kaserne ausgebildet
werden müßten, bevor sie im Felde zu brauchen wären.
Und nun kamen die schwersten Schlachten dieses Krieges, die drei
Schlachten vor Metz, Schlachten, von denen man singen und sagen
wird, solange zwischen Maas und Memel, Etsch und Belt Deutsche
wohnen. Ergreifender, packender hät sie keiner geschildert als Ernst Dohm
im „Kladderadatsch“.
Das war eine Schlacht!
Drei Tage lang.
Vom Morgen bis zur sinkenden Nacht — —
Meinen guten, schon schwergeprüften Eltern brachte die Schlacht von
Mars-la-Tour neue Sorgen. Zwei Tage nach der Schlacht, in der die
Gardedragoner attackiert hatten, traf in Berlin die amtliche Nachricht ein,
daß mein Bruder Adolf, der als Leutnant bei den 2. Gardedragonern stand,
gefallen wäre. Die damals neben uns wohnende Fürstin Marie Radziwill,
eine Französin, hat mir später oft erzählt, sie werde nie den Ausdruck
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Adolf
v. Bülow f