VORMARSCH 185
Metz hatte es mit Eifer und Wachsamkeit den Rekognoszierungsdienst
betrieben. Einer der besten Offiziere des Regiments, der Premierleutnant
Deginhard von Lo&, ein Neffe des Kommandeurs, war bei einer Reko-
gnoszierung am Eingang von Longeau gefallen. Eine feindliche Kugel, die
durch die Schläfen ging, hatte ihn auf dem Fleck getötet. Aber das Regiment
war noch nicht mit dem Feind handgemein geworden. Es hatte noch nicht
attackiert. Und nach der Attacke stand aller Sinn. Das hatte unser von
edlem militärischem Ehrgeiz erfüllter Kommandeur, der Oberst Walter
von Lo&, gemeint, als er nicht lange vor der Kapitulation von Metz bei
einer Pferderevision mit Bitterkeit äußerte: „Da das Regiment noch nicht
genügend Gelegenheit hatte, zu zeigen, was es zu leisten vermag, so ist es
doppelte Pflicht, wenigstens das Material Seiner Majestät dem König zu
erhalten.“
Jetzt, nach der Bezwingung von Metz, fiel der Ersten Armee, zu der mit
dem VIII. Armeekorps das Königshusaren-Regiment gehörte, die Aufgabe
zu, die Zernierung von Paris gegen Norden zu sichern, wo der aus Metz
entkommene General Bourbaki die französische Nordarmee formierte. Das
ganze VIII. Korps, und nicht zum wenigsten das Königshusaren-Regiment,
lebte der Hoffnung, daß es nach langem und langweiligem Zernierungsdienst
in Nordfrankreich endlich zum frischen und fröhlichen Schädelspalten
kommen werde, wie der wackere Valentin im „Faust“ diese Berufstätigkeit
des Soldaten nennt.
Der Vormarsch begann am 7. November. Die Vorhut der 15. Division
hatte das Königshusaren-Regiment. Wir marschierten durch den Argonner-
wald. Die Wege waren schlecht, entweder holperig oder tief lehmig. Das
Wetter war unfreundlich, kalt und naß. Schnee wechselte mit Regen. Ich
hatte ein gutes Pferd, die flotte Grete, und so wurde mir häufig der Auftrag,
der Division Meldungen zu bringen oder dort Befehle entgegenzunehmen.
Da die Bevölkerung in dieser Gegend störrisch war, sich auch viele
Franktireurs in den Wäldern umhertrieben und nicht wenige Meldereiter
und Patrouillen das Opfer verräterischer Überfälle geworden waren,
ritten wir mit aufgesetztem Karabiner. Doch bin ich nur zweimal beschossen
worden. Einmal pfiff mir eine Kugel dicht am Ohr vorüber. Natürlich be-
stand, namentlich nachts, keinerlei Möglichkeit, den Attentäter zu fassen.
Es blieb nichts anderes übrig, als es zu machen wie der wackere Schwabe
in Uhlands Gedicht: sich „nit zu forchten‘ und „spöttisch um sich zu
blicken“. Nur, daß ich nicht „Schritt for Schritt meines Weges ging‘ wie
der Schwabe, sondern möglichst flott trabte.
Beim Stabe der Division fand ich, ebenso wie bei den beiden Brigaden
der 29. Infanterie-Brigade (Oberst von Bock) und der 30. Infanterie-
Brigade (Generalmajor von Strubberg), stets freundliche Aufnahme. In
Gegen
Bourbaki