ZUM SAMMELN GEBLASEN 201
nahm den geladenen Karabiner auf und schoß den Franzosen nieder. Am
schönsten von uns allen benahm sich der Trompeter Rusbild, der uns nicht
lange vorher die Reveille und den Appell geblasen hatte. Er erblickte einen
Kameraden, der hilflos unter seinem gestürzten Pferde lag, hielt trotz
heftigem Feuer bei ihm aus und half ihm auf. Der Rittmeister Niesewand,
der inzwischen mit den zwei anderen Zügen der Schwadron eingetroffen
war, ließ zum Sammeln blasen.
Als die Schwadron wieder rangiert war, kam auf seinem prächtigen
Rappen der Oberst von Lo& angesprengt. Wir nahmen Augen rechts. Er
ließ das Gewehr aufnehmen. Mir nickte er freundlich zu, was mich sehr be-
glückte. Der Oberst von Lo& lobte den Zug. Wir waren auch, nur zwanzig
preußische Husaren, mit fünfzig französischen Schützen fertig geworden.
Von uns war ein Mann schwer verwundet worden. Die fünf Leichtver-
wundeten blieben im Sattel. Dem Leutnant von Knesebeck war beim Be-
ginn der Attacke sein Pferd erschossen worden.
Inzwischen hatten die Franzosen die Höhen besetzt, von denen aus sie
uns, zum Teil mit Artillerie, scharf beschossen. Wie das bei solchen Ge-
legenheiten üblich ist, führten wir verschiedene Exerzitien aus, um dem
Feind keine Zielscheibe zu bieten. Doch schlugen einige Granaten in unserer
Nähe ein. Unser wackerer Wachtmeister John, ein Ostpreuße, und acht
andere Husaren unserer Schwadron wurden blessiert. Es war interessant,
zu beobachten, wie eine Attacke an die Nerven weniger Anforderungen
stellt als ruhiges Abwarten im feindlichen Feuer. Anfangs duckte bald
dieser, bald jener Husar den Kopf, wenn eine Kugel vorbeiflog oder eine
Granate in der Nähe platzte. Aber der Oberst war nicht gewillt, das zu
dulden. „Ich verbitte mir‘, rief er der Eskadron zu, „diese Verbeugungen
vor dem Feinde. Wenn wieder einer den Franzosen seine Reverenz bezeigt,
sollt ihr anderen ihn tüchtig auslachen.‘* Seitdem bückte sich keiner mehr.
Die Schwadron wurde bald nachher vom Kommandeur in eine ge-
schützte Lage geführt, um sie nicht unnützen Verlusten auszusetzen. Ich
selbst wurde als Vedette auf eine Anhöhe postiert, von wo ich den Artillerie-
kampf gut beobachten konnte. Die Franzosen, Marine-Artillerie, schossen
recht gut. Unsere Batterie, die unter ihrem Feuer lag, hatte sehr zu leiden.
Einem Kanonier riß ein Granatsplitter den Leib auf. Die Krankenträger
schleppten ihn fort. Er starb unterwegs. Sie warfen einen Woilach, eine
schmutzige Pferdedecke, über ihn, von einem krepierten französischen
Pferd, das in der Nähe lag. Das war freilich kein schöner Anblick. Der Erste
Jäger in Wallensteins Lager hat recht, wenn er dem Bürgersmann sagt, der
Krieg erfordere ein eisern Herz.
Inzwischen war das Dorf Daours mehr und mehr zum Mittelpunkt der
Schlacht geworden. Der massiv gebaute Ort, den ich später während des
Die
Schwadron
im Granat-
feuer