Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Der Kampf 
um Daours 
Nachtquartier 
in Querrieux 
202 DAS SCHLACHTFELD 
Waffenstillstandes von Amiens aus wiederholt besucht habe, liegt ein- 
gezwängt zwischen dem Sommekanal, der ihn im Osten und Süden, und der 
Hallue, die ihn im Westen durchfließt. Gegen Norden schließen bedeutende 
Höhen mit steil abfallenden Rändern die kaum für ein Dorf Platz bietende 
Talniederung ein. Oberst von Lo&, der von General Goeben mit der Leitung 
der Schlacht in diesem Abschnitt betraut worden war, erkannte, daß die 
Wegnahme von Daours unter allen Umständen geboten wäre, was aber nur 
mit Hilfe der Infanterie möglich war. Da erschien unsere „Couleur‘, das 
8. Rheinische Jäger-Bataillon. 
Bei einem der ersten Rendezvous nach dem Ausmarsch aus Bonn, vor 
Böckingen, waren Husaren und Jäger sich begegnet. In kurzer Ansprache 
hatte Oberst von Lo& an die Waffenbrüderschaft der beiden Truppenteile 
von 1866 erinnert und mit den Worten geschlossen: „Wenn wir Königs- 
husaren die Achten Jäger hinter uns wissen, ist uns nichts unmöglich.“ 
Major von Oppeln-Bronikowski hatte geantwortet: „Gehen Sie voraus, 
wir folgen, wohin es auch sei.“ Das sollte jetzt in Erfüllung gehen. Major 
von Bronikowski erklärte sich mit Freuden zum Sturm auf Daours bereit. 
Gefolgt von vier Kompagnien „Dreiunddreißig“ und zwei Kompagnien 
„Fünfundsechzig“ gingen die Jäger zum Angriff gegen Daours vor, das 
von dreitausend französischen Husaren, Marine und Linientruppen er- 
bittert und zäh verteidigt wurde. 
Während die 1. Eskadron, zu der ich wieder gestoßen war, nach wie vor 
in ziemlich heftigem Feuer einen günstigen Moment zum Vorgehen er- 
wartete, war die Dämmerung eingebrochen. Die Lage auf der Schlachtlinie 
war folgendermaßen: Die 15. Division hatte die Franzosen aus allen Hallue- 
Dörfern zurückgeworfen. Zum Angriff auf die mit starker Artillerie be- 
setzten Höhen mußte die Einwirkung der 16. Division abgewartet werden, 
deren Kräfte aber zu einer Umgehung nicht ausreichten. Es kam also für 
heute nur darauf an, die eroberten Abschnitte fest in der Hand zu behalten. 
Das gelang. Wiederholte und mit starken Kräften unternommene fran- 
zösische Vorstöße wurden von Oberst Lo& mit den Jägern, den Dreiund- 
dreißigern und den Fünfundsechzigern abgeschlagen. Daours blieb in 
unserer Hand. 
Die Nacht war schon hereingebrochen, als die 1. Eskadron den Befehl 
erhielt, Nachtquartier in Querrieux zu beziehen. Wir marschierten langsam 
in der Richtung des brennenden Querrieux. Die Pferde waren müde, wir 
waren müde. Es ist dies das einzige Mal in meinem Leben, daß ich im Sattel 
schlief. 
Querrieux brannte an fünf Stellen. Fast alle Einwohner waren ge- 
flohen. In den Häusern waren die Fenster und Türen demoliert. Da es 
bitterkalt war und da die Kälte, je später es wurde, um so mehr zunahm,
	        
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