Der Kampf
um Daours
Nachtquartier
in Querrieux
202 DAS SCHLACHTFELD
Waffenstillstandes von Amiens aus wiederholt besucht habe, liegt ein-
gezwängt zwischen dem Sommekanal, der ihn im Osten und Süden, und der
Hallue, die ihn im Westen durchfließt. Gegen Norden schließen bedeutende
Höhen mit steil abfallenden Rändern die kaum für ein Dorf Platz bietende
Talniederung ein. Oberst von Lo&, der von General Goeben mit der Leitung
der Schlacht in diesem Abschnitt betraut worden war, erkannte, daß die
Wegnahme von Daours unter allen Umständen geboten wäre, was aber nur
mit Hilfe der Infanterie möglich war. Da erschien unsere „Couleur‘, das
8. Rheinische Jäger-Bataillon.
Bei einem der ersten Rendezvous nach dem Ausmarsch aus Bonn, vor
Böckingen, waren Husaren und Jäger sich begegnet. In kurzer Ansprache
hatte Oberst von Lo& an die Waffenbrüderschaft der beiden Truppenteile
von 1866 erinnert und mit den Worten geschlossen: „Wenn wir Königs-
husaren die Achten Jäger hinter uns wissen, ist uns nichts unmöglich.“
Major von Oppeln-Bronikowski hatte geantwortet: „Gehen Sie voraus,
wir folgen, wohin es auch sei.“ Das sollte jetzt in Erfüllung gehen. Major
von Bronikowski erklärte sich mit Freuden zum Sturm auf Daours bereit.
Gefolgt von vier Kompagnien „Dreiunddreißig“ und zwei Kompagnien
„Fünfundsechzig“ gingen die Jäger zum Angriff gegen Daours vor, das
von dreitausend französischen Husaren, Marine und Linientruppen er-
bittert und zäh verteidigt wurde.
Während die 1. Eskadron, zu der ich wieder gestoßen war, nach wie vor
in ziemlich heftigem Feuer einen günstigen Moment zum Vorgehen er-
wartete, war die Dämmerung eingebrochen. Die Lage auf der Schlachtlinie
war folgendermaßen: Die 15. Division hatte die Franzosen aus allen Hallue-
Dörfern zurückgeworfen. Zum Angriff auf die mit starker Artillerie be-
setzten Höhen mußte die Einwirkung der 16. Division abgewartet werden,
deren Kräfte aber zu einer Umgehung nicht ausreichten. Es kam also für
heute nur darauf an, die eroberten Abschnitte fest in der Hand zu behalten.
Das gelang. Wiederholte und mit starken Kräften unternommene fran-
zösische Vorstöße wurden von Oberst Lo& mit den Jägern, den Dreiund-
dreißigern und den Fünfundsechzigern abgeschlagen. Daours blieb in
unserer Hand.
Die Nacht war schon hereingebrochen, als die 1. Eskadron den Befehl
erhielt, Nachtquartier in Querrieux zu beziehen. Wir marschierten langsam
in der Richtung des brennenden Querrieux. Die Pferde waren müde, wir
waren müde. Es ist dies das einzige Mal in meinem Leben, daß ich im Sattel
schlief.
Querrieux brannte an fünf Stellen. Fast alle Einwohner waren ge-
flohen. In den Häusern waren die Fenster und Türen demoliert. Da es
bitterkalt war und da die Kälte, je später es wurde, um so mehr zunahm,