Dietrich Loe,
Dietrich
Metternich,
Scharffenberg
222 KAMERADEN
Nimptsch zu beleidigen. Nelidow, der gar keine Lust verspürte, sich vor
die Pistole von Nimptsch zu stellen, versprach, daß die Gräfin Nostitz in
seinem Hause freundliche Aufnahme finden würde. „Immer Kavalier“,
war der Wahlspruch von Guido Nimptsch!
Sehr verschieden von ihm war der Neffe unseres Kommandeurs,
Dietrich von Lo&. Er führte den Namen „Schlacks“. Das galt sowohl
seiner etwas ungelenken Haltung wie seinem wüsten Draufgehen. Er hätte
unter Frundsberg einen prächtigen Landsknecht abgegeben. Dagegen glich
ein anderer Neffe des Kommandeurs, der Graf Dietrich von Wolff-
Metternich, einem französischen Marquis des achtzehnten Jahrhunderts.
Er hätte, ohne aufzufallen, ein Menuett im großen Saal des Schlosses von
Versailles unter Louis XV mittanzen können. Er war ein flotter Husar, ein
trefflicher Reiter und kühner Feldsoldat, immer gut aufgelegt, immer ver-
bindlich. Bei Reisen des Kaisers Wilhelm II. und seiner Gemahlin nach der
Rheinprovinz pflegte er bei der Kaiserin Auguste Viktoria Dienst als
Kammerherr zu tun. Jünger als ich, ist er zu meinem Schmerz bald nach
dem Ende des Weltkrieges gestorben. Ich habe mich immer gefreut, wenn
ich ihn wiedersah. Anders geartet als Dietrich Metternich, Dietrich Lo&
und Guido Nimptsch war Karl Xaver Scharffenberg. Der Sohn eines
Bremer Vaters, der es in Kuba zu Wohlstand gebracht hatte, und einer
amerikanischen Mutter, war er bürgerlich im besten und schönsten Sinne
des Wortes. Er war tüchtig und pflichttreu, leichter Sinn und Frivolität
waren ihm verhaßt. Wie Frau Marthe im „Faust“ liebte er weder fremde
Weiber noch das verfluchte Würfelspiel. Er schätzte meine geistige Reg-
samkeit, aber er fand mich zu nachsichtig für Karl Schrader und Guido
Nimptsch, die er für lockere Zeisige erklärte, den ersteren überdies für einen
Zyniker, den letzteren für einen Taugenichts. Scharffenberg war ein
Idealist. Als ich ihn einmal mit anderen Kameraden auf seiner Bude in
Bonn aufsuchte, entdeckten wir an seinem Schreibtisch einen aufgeklebten
Pergamentstreifen, auf dem mit großen Buchstaben stand: „Wirf die Perlen
nicht vor die Säue.‘ Ich sagte ihm auf den Kopf zu, daß er mit den Perlen
seine eigenen erhabenen Gedanken und Grundsätze meine, mit den Säuen
aber seine Kameraden. Gut und aufrichtig wie er war, erwiderte er: „Ja,
das ist wahr. Ich fürchte meine Ideale zu entweihen, wenn ich sie vor euch
aufdecke.““ Scharffenberg hat sich zehn Jahre nach dem Deutsch-Fran-
zösischen Kriege auf einem idyllischen Gute in Hessen, Kalkhoff bei Wan-
fried, zur Ruhe gesetzt und mich auch während meiner Amtszeit durch
freundschaftliche und vertrauensvolle Briefe erfreut. Er stand seit seiner
Jugend der Fürstin-Mutter von Wied, geborenen Prinzessin von Nassau, nahe
und durch sie dem Freiherrn Franz von Roggenbach, dem Gegner von Bis-
marck, aber Freund des Großherzogs Friedrich und der Großherzogin Luise