Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

MARSCH GEGEN OSTEN 225 
wir bis Daours. Le Sars und Combles fanden wir unbesetzt, den Feind in 
seiner alten Vorpostenstellung, Bapaume stark besetzt. Wir ermittelten, 
daß General Faidherbe, der OÖberkommandierende der französischen Nord- 
armee, dort sein Hauptquartier hätte. Am 16. Januar wurde Albert besetzt 
gefunden und bald nachher festgestellt, daß starke französische Kolonnen 
von Bray auf Albert marschierten. Es war von großer Wichtigkeit, die Ab- 
sichten des Feindes so früh wie möglich zu kennen und ihm so lange auf 
den Fersen zu bleiben, bis der Augenblick für die Schlacht gekommen war. 
General von Goeben konnte seine Operationen mit Sicherheit auf die 
Meldungen seiner Kavallerie basieren. Einen Teil dieses Ruhmes durfte das 
Königshusaren-Regiment für sich in Anspruch nehmen. Am 17. Januar er- 
hielt mein Rittmeister von Niesewand den Befehl, zur nochmaligen Reko- 
gnoszierung mit unserer Schwadron gegen Albert vorzugehen. Nach einem 
Marsch von über sechs Meilen konnte der Rittmeister in voller Bestätigung 
der am Tage vorher eingegangenen Nachrichten melden, Albert sei geräumt 
und der Feind auf Bapaume abgezogen, 
Als General von Goeben übereinstimmende Meldungen seiner Kavallerie 
über die Räumung Alberts erhielt, befahl er sofort den Rechtsmarsch 
der Ersten Armee. Der Marsch gegen Osten war überaus beschwerlich. 
Nachdem wir vier Wochen lang ununterbrochene strenge Kälte bis zu 
11 Grad unter Null gehabt hatten, war Tauwetter eingetreten, und seit dem 
Abend des 16. Januar fiel warmer Regen auf die mit Schnee überdeckte 
Landschaft. Die Straßen überzogen sich am Morgen des 17. anfangs mit 
Glatteis, im Laufe des Tages weichten sie tief auf. Die Felder wurden völlig 
unpassierbar. Aber trotz aller Mühsal und trotz der gerade in dieser Zeit 
engen und schlechten Quartiere und sehr knapper Verpflegung war die 
Truppe in gehobener Stimmung. Jeder fühlte, daß die Absicht der Fran- 
zosen, den General von Goeben zu täuschen und zu überraschen, völlig miß- 
glückt war. Bei der ganzen Armee stand es felsenfest, daß Goeben den 
Feind schlagen würde. 
Ich gebe den Brief wieder, den ich am 21. Januar über die Vorgänge der 
letzten zehn Tage an meine Eltern richtete: 
„Liebste Eltern, wir sind seit einer Reihe von Tagen fortwährend im 
Gange, so daß es mir unmöglich war, einen Brief zu befördern. Ich habe 
seitdem auch keinen von Euch erhalten. Bitte, ängstigt Euch aber nicht, 
falls Ihr keine Nachricht von mir habt. Führe auch fast immer einen ge- 
schriebenen Brief bei mir, den ich abgebe, wenn ich Gelegenheit dazu finde. 
Sollte mir etwas passieren, so würdet Ihr es durch den Obersten umgehend 
erfahren. 
Wir waren am 18. und 19. im Gefecht. Seit der Schlacht bei Bapaume 
treiben wir uns zwischen Bray und Cappy herum. Am 12. wurde mittags in 
15 Bülow }V 
Rechtsmarsch 
der Ersten 
Armee
	        
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