EIN RHEINISCHER EDELMANN 251
des Wortes war alles an ihm. Er war ein Edelmann vom Scheitel bis
zur Sohle, aber ein Edelmann ohne Standeshochmut, ohne Vorurteile. Er
hing treu an seiner rheinischen Heimat. „Ich bin“, konnte er wohl sagen,
„nicht nur mit Rheinwasser getauft, ich bin mit rheinischer Milch gesäugt,
ich bin ganz und gar Rheinländer.““ Aber er konnte und wollte sich das
Rheinland nur als preußische Provinz denken, in unlöslicher Verbindung
mit der preußischen Monarchie. Er war Preuße bis in die Fingerspitzen.
Als der ihm sehr gnädig gesinnte Kaiser Friedrich ihm als Kronprinz ein-
mal von der Kaiserherrlichkeit des Mittelalters sprach und äußerte, der
Zusammenhang zwischen dem alten und dem neuen Deutschen Reich müsse
auch äußerlich mehr zum Ausdruck gebracht werden, meinte Lo&: ‚Ach,
Kaiserliche Hoheit, die Kaiserwürde ist schließlich doch nur ein Mantel, den
sich der König von Preußen umgehängt hat.‘ Im Laufe einer glänzenden
militärischen Karriere, die ihm als Krönung den Marschallsstab brachte,
vor immer größere und bedeutendere Aufgaben gestellt, hatte er immer
mehr Gelegenheit, die Eigenart seiner lauteren Persönlichkeit zur Geltung
zu bringen. Walter Lo& transigierte nicht in grundsätzlichen Fragen, aber
er war nie verbohrt, nie verrannt, wie das der Deutsche nur zu oft ist. Er
war gar nicht eigensinnig. Wenn eine Frage nicht ohne unvernünftige Ge-
walt oder ein unverhältnismäßiges Risiko zu lösen war, so suchte er nach
einem Ausweg, wie er, bei einer Felddienstübung oder einer Schnitzeljagd
vor einen unpassierbaren Graben oder eine allzu hohe Hecke gelangt, nach
einer Stelle spähte, wo Graben oder Hecke zu nehmen waren, ohne daß
Reiter und Gaul den Hals brachen. Er kannte keine Furcht, weder im Felde
noch im Leben. Er opferte nie seine Grundsätze, und dabei war er vielleicht
der einzige hochstehende Preuße, der gleichmäßig das Vertrauen des alten
Kaisers und der Kronprinzessin Viktoria, der Kaiserin Augusta und des
Prinzen Friedrich Karl, des Kronprinzen und des Prinzen Wilhelm besaß.
Mit der Großherzogin Luise von Baden verband ihn langjährige und
innige Freundschaft.
Mit Bismarck stand er nicht gut. Die Schuld lag nicht an ihm, sondern
an dem bisweilen krankhaften Mißtrauen des großen Staatsmannes gegen-
über Menschen, die aus irgendeinem Grunde seinen nie schlafenden Arg-
wohn erregt hatten. Nach dem Sturze des Fürsten Bismarck mißbilligte
Lo& die Ungezogenheiten des Kaisers Wilhelm II. gegenüber dem größten
Diener seines Großvaters. „Der Fürst Bismarck“, sagte Lo& damals zu mir,
„gehört in die preußische Ruhmeshalle zu Friedrich dem Großen und Stein,
Blücher und Moltke. Nur mit dem Hut in der Hand darf man sich solchen
Männern nahen, nicht wie der Junge, der mit Schneebällen nach einem
Monument wirft.“ Herbert Bismarck hatte es durch sein Verhalten
gegenüber der Fürstin Elisabeth Carolath, der Schwägerin des Feld-
Lo& und die
Bismarcks