Ehrenfragen
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marschalls Lo&, mit ihm für immer verdorben. „Wäre Herbert Bismarck
nicht der Sohn des allmächtigen Kanzlers, so würde er wegen seines Ver-
haltens gegenüber der Fürstin Elisabeth vor ein Ehrengericht gestellt
worden sein und hätte den schlichten Abschied erhalten. Er durfte die
Fürstin nie und unter keinen Umständen sitzenlassen, nachdem er sie zur
Scheidung von ihrem Gatten getrieben hatte.“ So sprach Lo& mehr als ein-
mal zu mir, als ich für Herbert Bismarck für mildernde Umstände plädierte.
Das innerste Empfinden des armen Herbert deckte sich im Grunde mit
diesem strengen Urteil des Feldmarschalls Lo&. Er schrieb, als er die Fürstin
Elisabeth Carolath endgültig im Stiche gelassen hatte, an Philipp Eulen-
burg: „Ich leide unter dem alles niederdrückenden Bewußtsein, ein Ver-
trauen getäuscht zu haben, das nun einmal in mich gesetzt worden war und
das ich doch also auch ins Leben gerufen haben muß! Ich muß mir immer
wieder sagen, es hätte dahin nicht kommen dürfen. Es muß mein Ver-
schulden sein, daß es geschehen ist! Die Fürstin hat von mir anderes er-
wartet, als ich zu leisten imstande war. Wie schrecklich das auf mir lastet!“
Lo& nahm Ehrenfragen sehr ernst und sehr streng. Niemand kannte den
Ehrenkodex wie er. Dafür nur zwei Beispiele: Während des französischen
Feldzuges bei einem französischen Grafen in dessen Schloß in der Picardie
einquartiert, führte der damalige Oberst von Lo& bei Tisch die Konver-
sation mit der ihm eigenen Weltläufigkeit. Da ließ sich der Franzose zu
einer ungehörigen Äußerung über den alten König von Preußen hinreißen.
Lo& erhob sich, verließ das Zimmer und ließ noch im Laufe des Abends
durch seinen Adjutanten den französischen Grafen fordern. Als dieser er-
widerte, er könne sich, ohne sich von seiten der deutschen Militärbehörden
den schlimmsten Repressalien auszusetzen, unmöglich mit einem deutschen
Offizier duellieren, übersandte ihm der Oberst Lo& am nächsten Morgen
einen von ihm an den König Wilhelm aufgesetzten Brief, in dem es hieß:
Als treuer Untertan, Offizier und Flügeladjutant Seiner Majestät bäte
er seinen Königlichen Herrn, allergnädigst dafür zu sorgen, daß dem
Franzosen kein Haar gekrümmt würde, wenn dieser bei einem ritter-
lichen Ehrenhandel ihn, Lo&, verwunden oder töten sollte. Als er diesen
Sauf-conduit erhalten hatte, suchte der französische Graf, selbst ein
Kavalier, den preußischen Oberst auf und bat ihn wegen seiner depla-
cierten Äußerung über Seine Majestät den König Wilhelm gern und freudig
um Entschuldigung.
Bekannter ist das Verhalten des Generals Lo& bei seiner Differenz mit
dem spanischen General Salamanca. Diesem war bei dem Besuch, den
1883 der deutsche Kronprinz, begleitet vom General von Lo&, in Madrid
abstattete, das Großkreuz des Roten Adlerordens verliehen worden. Als
zwei Jahre später der Karolinen-Streit entbrannte, sandte Salamanca den