Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

Franz 
Arenberg 
264 REFERENDAR-EXAMEN 
Ältere siebzehn Jahre später deutscher Kanzler werden würde. Damals 
kannte ich Herrn von Hertling nicht einmal von: Ansehen. Wohl aber er- 
innere ich mich an die gemessene Gangart und das feierliche Auftreten des 
Historikers Heinrich von Sybel. Er galt für ehrgeizig, und die Studenten 
lachten über den von einem seiner Kollegen geprägten und oft wiederholten 
Vets: „Minister wär’ nicht übel! So denkt der Herr von Sybel.““ 
Im September 1871 wurde ich nach einer Schwimmübung, die ich zu 
Pferde und in Uniform im Rhein unternommen hatte, von einem nicht ganz 
unbedenklichen Ruhranfall heimgesucht. Ich konnte bald wieder Dienst 
tun, aber mein Vater drängte mich noch mehr als vorher zur baldigen Ab- 
legung meines Referendar-Examens. Nun entstand die Frage, wo ich das 
Examen machen sollte. Unter meinen Regimentskameraden war mir von 
Anfang an kaum einer sympathischer als der Leutnant Prinz Franz 
Arenberg. Er sollte mir einer der treuesten Freunde werden, die ich im 
Leben gehabt habe. Das Haus Arenberg, das von Kaiser Karl V. die reichs- 
gräfliche, von Kaiser Maximilian II. die reichsfürstliche und später auch 
die herzogliche Würde erhalten hatte, rangierte an allen deutschen Höfen 
vor allen anderen standesherrlichen Häusern. Der Stammvater des Hauses, 
Hartmann von Arenberg, erblicher Burggraf und Protektor von Köln, 
war schon im elften Jahrhundert im Kampfe gegen die Ungläubigen 
gefallen. Die Devise der Familie war: „Christus protector meus.“ Und in 
unerschütterlicher Treue hatte sie immer zur katholischen Kirche ge- 
standen. Die Mutter von Franz Arenberg entstammte der Familie Merode, 
die, stolz auf ihre Abstammung von den Grafen von Barcelona und den 
Königen von Aragon, es verschmähte, die ihr im neunzehnten Jahrhundert 
verliehenen Fürstentitel von Rubempre und von Grimberghe zu führen, 
und die Devise trug: „Plus d’honneur que d’honneurs.““ Die Eltern von 
Franz Arenberg bewohnten im Winter Brüssel, im Sommer ein schönes 
Landhaus an der Maas, nicht weit von Namur. Francois Arenberg sprach 
Französisch ebenso geläufig, fast geläufiger als Deutsch. Aber er hatte, 
gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Jean, freiwillig den Deutschen 
Krieg gegen Frankreich mitgemacht und war ein guter Preuße und Deut- 
scher. Ein treuer Sohn der katholischen Kirche, ohne jede Unduldsamkeit. 
Einer der liebenswertesten und liebenswürdigsten Menschen, die mir vor- 
gekommen sind: immer heiter, immer ein Scherzwort auf den Lippen, 
dabei fleißig, kenntnisreich, gründlich und vor allem ein selbständiger, 
aufrechter, nobler Charakter. Ich bedaure noch heute, daß es mir niemals 
gelungen ist, bei Wilhelm II., der eine völlig ungerechte Abneigung gegen 
Franz Arenberg hatte, dessen Ernennung zum preußischen Gesandten beim 
Päpstlichen Stuhl oder auch zum deutschen Botschafter in Paris oder Wien 
durchzusetzen, Posten, die er, nach meiner Überzeugung, vorzüglich aus-
	        
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