Full text: Bernhard Fürst von Bülow - Denkwürdigkeiten. Vierter Band. Jugend- und Diplomatenjahre. (4)

DER CROY-TEPPICH UND DER SCHWEDISCHE MAJOR 271 
bescheinigt, daß der Rechtskandidat Leutnant Bernhard von Bülow aus 
Flottbek die Prüfung zum Referendariat mit dem Prädikat „Gut“ be- 
standen habe, ein damals nicht oft erteiltes Prädikat. Arenberg mußte sich 
mit „Befriedigend“ begnügen. Der Vorsitzende der Prüfungskommission, 
der Appellationsgerichtspräsident Albrecht, und mein gütiger Gönner 
Professor Ernst Immanuel Bekker sprachen mir die Hoffnung aus, daß ich 
die richterliche Laufbahn einschlagen möge, diein Deutschland zum Schaden 
beider Teile die jungen Herren vom Adel allzu selten wählten, während in 
Frankreich dierichterliche Robe dem Degen des Offiziers gleichgesetzt würde. 
Am Tage nach unserer Prüfung verließen Arenberg und ich das gute 
Greifswald, das ich nie wiedersah. So habe ich auch von den beiden größten 
Sehenswürdigkeiten der Stadt nur die eine zu sehen bekommen. Diese 
beiden Kuriositäten waren der Croy-Teppich und der Schwedische Major. 
Der in der Universität aufbewahrte Croy-Teppich war ein Gobelin aus dem 
sechzehnten Jahrhundert, der Luther darstellt, wie er vor der pommerschen 
Kurfürstenfamilie predigt. Dieser Teppich wurde leider nur alle zehn Jahre 
gezeigt. Er war zuletzt im Frühjahr 1871 ausgestellt worden. Wir hätten 
also noch mehr als acht Jahre warten müssen, um ihn zu sehen, worauf wir 
verzichteten. Dagegen haben wir die zweite Greifswalder Merkwürdigkeit 
erblickt, nämlich den Schwedischen Major. Bekanntlich stand Greifswald 
mit Neuvorpommern von 1648 bis 1815 unter schwedischer Hoheit. „Der 
schwedische Major“, wie er allgemein hieß, war 1872 schon über achtzig 
Jahre alt. Er war in seiner Jugend in schwedische Dienste gegangen und 
hatte es dort bis zum Major gebracht. Als solcher hatte er seinen Abschied 
genommen und verbrachte nun seinen Lebensabend in seiner Vaterstadt 
Greifswald. Er war ein guter Preuße geworden. Wenn aber nach deutscher 
Art, oder vielmehr Unart, auf die schlechten Zeiten geschimpft wurde, 
summte er wohl vor sich hin: „Ja, ja, unter den drei Kronen, da war noch 
gut wohnen.“ Im schwedischen Wappen figurieren drei goldene Kronen 
in blau. Der schwedische Major wurde an der Table d’höte im „‚Deutschen 
Haus‘ mit besonderer Hochachtung behandelt. 
Auf der Rückfahrt nach Berlin machten wir halt in Pasewalk, das 
mich anzog als Garnison der 2. Kürassiere, die als Ansbach-Bayreuth- 
Dragoner sich bei Hohenfriedberg mit Ruhm bedeckt hatten. Mein 
Lieblingsmarsch, die schönste Musik, die ich kenne, ist immer der Hohen- 
friedberger Marsch geblieben. Auch das habe ich von meinem lieben Oberst 
von Lo& angenommen, der zu sagen pflegte, er wolle einmal bei den Klängen 
des Hohenfriedberger Marsches begraben werden, ein Wunsch, dem bei 
seiner Beisetzung im Juli 1908 entsprochen wurde. Der General Christoph 
Carl von Bülow hatte in der Schlacht von Torgau, am 3. November 1760, 
als Oberst der Ansbach-Bayreuth-Dragoner durch einen glänzenden Reiter- 
Greifswulds 
Schenswürdig- 
keiten
	        
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