DER IDYLLISCHE TOTSCHL\C 279
c’est le noble office de la defense.““ Ich entwarf das Bild eines schönen
Sommermorgens, denn der Totschlag war im August begangen worden.
Eine friedliche, freundliche, heitere Landschaft, die gesegnete Metzer
Gegend. Wiesen, Gärten, Obstbäume. Ein Idyli. Ein müder, von harter
Arbeit erschöpfter Wanderer, der wohl die ganze Nacht durchmarschiert
war, sieht am Morgen ein Gärtchen vor sich und im Gärtchen einen
Apfelbaum, un beau pommier. Lob des Apfelbaums. Ich zitiere Uhlands
Gedicht von dem Wirte wundermild:
Ein goldener Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.
Der Wanderer verzehrt einen, vielleicht auch zwei Äpfel, dann streckt
er sich zum Schlafe. Ich zitiere Macbeths Fluch gegen den, der den
Schlaf mordet:
.... sleep, the innocent sleep,
Sleep that knits up the ravell’d sleave of care,
The death of each day’s life, sore labour’s bath,
Balm of hurt minds, great nature’s second course,
Chief nourisher in life’s feast...
Der rohe Eigentümer weckt mit brutalen Schelt-, vielleicht auch Droh-
worten den armen Schlafenden. Ich appellierte an J. J. Rousseau und an
den Dichter des ‚‚Tell‘‘, um diesen Frevel zu brandmarken. Der Beleidigte,
wohl auch Bedrohte greift nach einem Stein und wirft ihn nach seinem
Beleidiger, sagen wir offen, seinem Angreifer. „Le cas de defense legitime
etait donne, pleinement donn£.“ Der Stein trifft durch einen nicht voraus-
zusehenden, wirklich nicht zu ahnenden Zufall die Schläfe. Der Wurf führt
den Tod herbei. Der deutsche Gerichtsarzt hatte bei der Autopsie den
Toten und sein Gehirn für normal erklärt. Es blieb mir also nichts anderes
übrig, als mich auf einen Tierarzt zu berufen, der auch zum Leichenbefund
zugezogen worden war und die Ansicht vertrat, der Tote habe eine auf-
fällig dünne Gehirnschale gehabt. Ich rühmte den Bon sens des Tierarztes,
des Mannes aus dem Volk, und deutete an, daß der Gerichtsarzt zu jenen
Gelehrten gehöre, die vor Bäumen den Wald nicht sähen. Die deutsche
Nationalität des Missetäters erwähnte ich nur, um der Überzeugung
Ausdruck zu geben, daß für die Ehrenmänner auf der Geschworenenbank
die ewigen Grundsätze der Gerechtigkeit und Billigkeit hoch über den
Leidenschaften und Vorurteilen stünden, die leider die Völker und die
Menschen entzweiten. Ich schloß, indem ich meinen Platz verließ, auf die
Geschworenen zuging und ihnen mit erhobener Stimme zurief, daß ich nicht
für mildernde Umstände plädierte, sondern eine glatte Freisprechung